piwik no script img

Kindergipfel der Berliner CDU-FraktionFangen spielen im Abgeordnetenhaus

Berlins CDU veranstaltet im Landesparlament einen Gipfel mit Kita-Kindern, um sich deren Wünsche anzuhören. Unterdessen wird vor dem Haus protestiert.

Herzige Bilder: Berliner Kita-Kinder erobern das Abgeordnetenhaus Foto: Monika Skolimowska/dpa

Berlin taz | Aufgeregt rennen die 25 Kinder aus fünf Berliner Kitas am Freitagvormittag die großen Treppen des Abgeordnetenhauses hinauf. Sofort setzen sie sich im Kreis auf die großen Stühle. „Wir brauchen keine kleinen Stühle mehr“, ruft der kleine Theo. Die Kinder können und wollen sich an diesem Tag wie die Erwachsenen fühlen. Die dürften immer bestimmen. Nun sind die Kids an der Reihe und sagen selbst an, worüber geredet werden soll.

Die Mädchen und Jungen sind Teil­neh­me­r:in­nen des ersten „Kindergipfels im Abgeordnetenhaus“. Eingeladen hatte die CDU-Fraktion, mitorganisiert wurde die Veranstaltung vom Verein Fröbel, einem der größten freien Kitaträger in Berlin.

Für die Kleinen ist es – wenig verwunderlich – ein aufregender Tag. Ein paar haben Stoffpuppen mitgebracht. Sie reimen dazu: „Doris und Klaus gehen ins Abgeordnetenhaus“. Kurzum: Es ist alles ganz herzig.

Die Gast­ge­be­r:in­nen von der CDU achten dann auch sorgfältig darauf, dass möglichst jeder Moment mit den Kindern fotografisch festgehalten wird – und CDU-Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch mit im Bild ist. Gute Öffentlichkeitsarbeit schadet nie.

Raum für Probleme

Beim „Gipfel“ der Union sollen die Kleinen einen Raum bekommen, um über ihren Alltag in den Kitas sprechen können. Was wünschen sie sich? Was muss besser werden? Günther-Wünsch erklärt: „Kinder sind Experten für ihre Kitas. Um die Qualität und das Wohlbefinden in den Kitas zu verbessern, ist es uns wichtig, ihre Perspektive ernst zu nehmen.“ Und dass es Verbesserungsbedarf in den Kitas gibt, ist kein Geheimnis.

Auffällig häufig wünschen sich die Kinder, es möge mehr Er­zie­he­r:in­nen in den Kitas geben. Dann könne auch mehr gespielt werden und man könnte mehr Ausflüge machen. Und ein Schwimmbad auf dem Dach wäre auch ganz wunderbar.

Während die Kinder im Gebäude ihre Wünsche vortragen, wird es vor dem Abgeordnetenhaus immer lauter. Parallel zum „Kindergipfel“ im Parlament findet vor dem Gebäude eine Protestkundgebung im Rahmen des am Freitag zu Ende gegangenen fünftägigen Verdi-Streiks in den Kita-Eigenbetrieben des Landes Berlin statt.

Gefordert wird ein Entlastungstarifvertrag – und das meint im Prinzip auch hier: mehr Erzieher:innen. Die Streikenden wenden sich bei alldem auch und vor allem gegen die angekündigte Kürzungs- und Sparpolitik der schwarz-roten Koalition. Dass der Senat in Sachen Entlastungstarifvertrag trotz Streik weiterhin auf Durchzug stellt, hebt die Stimmung nicht unbedingt.

Welcher Dialog?

So prallen an diesem Freitag im und vor dem Abgeordnetenhaus zwei Welten aufeinander. Hier der „Kindergipfel“ mit verständigem Zuhören und Aufgreifen der Sorgen und Nöte der Kinder aus den Kitas der unterfinanzierten freien Träger. Dort die streikenden Beschäftigten, die auf die ebenso wenig erbauliche Realität in den kommunalen Kitas aufmerksam machen wollen.

Mehrere CDU-Politiker:innen erklären, sie hätten auf ihrem Weg zum „Kindergipfel“ den Streikenden vor dem Parlament Respekt gezollt und ihre Bereitschaft zum Dialog gezeigt. Damit ist die Sache an der Stelle erledigt.

De­mons­tran­t:in­nen sagen später zur taz, sie wüssten nicht, von welchem Dialog da die Rede sein solle. Sie jedenfalls seien nicht zufrieden mit dem Austausch. „Der Senat nimmt den Ernst der Lage gar nicht wahr“, sagt eine Erzieherin, die mit ihren eigenen Kindern zu der Kundgebung gekommen ist.

Die kleinen Sorgen der kleinen Menschen

Die Kinder im Abgeordnetenhaus sind unterdessen nach der langen Was-wünschst-du-dir?-Konzentrationsphase unruhig geworden – und dürfen Fangen spielen in dem großen Haus. „Das war toll hier“, sagt Fiona und erzählt stolz, dass sie ihren den Wunsch sogar persönlich einem Politiker übergeben durfte. Sie sei ziemlich aufgeregt gewesen.

Theo erzählt dann noch einmal, was ihm heute besonders wichtig war. Denn ihn stören die E-Roller. Dauernd stoße er sich auf der Straße den Kopf an den Dingern, weil der Lenker genau auf seiner Höhe ist. Das sei etwas, was Erwachsene gar nicht sehen. Die kleinen Sorgen der kleinen Menschen. Aber nun habe er das ja mal aus seiner Sicht erklären können.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Schön. Medienwirksame Nonsens-Veranstaltung, statt die Probleme wirklich anzugehen. Welche Kita macht da denn mit? Während draußen das Personal streikt...