Wohnungspolitik in Berlin: Neue Mieterhöhungen angekündigt
Der Verband BBU sagt, die Mieten seien nicht das Problem in Berlin. Dem Beispiel von Vonovia sollen nun auch andere Wohnungsunternehmen folgen.
BERLIN taz | Die Mieterhöhungen von Vonovia waren womöglich erst der Anfang einer neuen Mieterhöhungswelle in Berlin: „Die Wohnungsunternehmen werden nachdrücklicher als bisher von den gesetzlichen Möglichkeiten zur Anpassung ihrer Miete Gebrauch machen müssen“, sagte Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU am Donnerstag. Der BBU vertritt nicht nur landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, sondern auch börsennotierte Unternehmen wie die Vonovia.
Mit ihrer Ankündigung widerspricht Kern auch Bausenator Christian Gaebler (SPD). Der hatte die Mieterhöhungen der Vonovia „bedauerlich“ genannt, weil sie den Verabredungen im Berliner Bündnis für Wohnungsbaubau und bezahlbares Wohnen widersprechen.
In diesem Bündnis hatte der Senat mit privaten Wohnungsunternehmen eine Kappung der Mieterhöhungen von 11 Prozent in drei Jahren vereinbart. Das entspricht auch der Marge, die für die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gilt. Dort ist die Kappung über eine Kooperationsvereinbarung mit dem Senat geregelt. Für die privaten war sie bisher eine Selbstverpflichtung, die nun im Falle der Vonovia gebrochen wurde.
Kern betonte, dass die Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen Unternehmen weiter gelte. Die Voraussetzungen für eine Selbstverpflichtung der privaten Vermieter sieht sie aber nicht mehr gegeben. Die Vereinbarung sei vom Juni 2022, so Kern. „Da war noch nicht klar, wie lange sich die Auswirkungen des Ukrainekriegs fortsetzen.“ Heute stehe die Immobilienwirtschaft durch die Preissteigerungen unter Druck. „Der Neubau ist auf Talfahrt“, betonte Kern. So seien die Neubauinvestitionen 2023 um 18 Prozent eingebrochen.
Mieten seien stabil
Die Mieten dagegen seien vor allem in Berlin kein Problem, betonte die BBU-Chefin und verwies auf den jüngsten Zensus von 2022, der die Gesamtheit aller Berliner Mieten abbilde und eine Bestandsmiete von 7,67 Euro nettokalt pro Monat und Quadratmeter abbilde. „In Berlin liegen fast 70 Prozent aller Mieten unter acht Euro – in Hamburg sind es nur 43, in Köln gut 36 und in München sogar nur knapp 20 Prozent“, so Kern.
„Von explodierenden Mieten kann man nicht reden“, behauptet Maren Kern. Auch die Angebotsmieten lägen unter den Mieten, die sich aus den Angeboten von Vermietungsportalen ergäben. „Die Angebotsmieten unserer Mitgliedsunternehmen kommen in den Portalen praktisch nicht vor.“ 2022 lagen diese Portalmieten bei 11,54 Euro pro Quadratmeter.
Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus kritisierte die angekündigten Mieterhöhungen scharf. „Baukrise und Klimaschutz dürfen nicht zulasten der Mieterinnen und Mieter gehen“, sagte der wohnungspolitische Sprecher Niklas Schenker. „Um Neubau und energetische Modernisierung zu finanzieren, braucht es mehr öffentliches Geld und eine stärkere Beteiligung der Wohnungsunternehmen statt alleiniger Mieterhöhungen im Bestand.“
Leser*innenkommentare
eicke81
Es ist traurig, dass die Linken die Realität nicht anerkennen. Wohnen kostet Geld; Modernisieren kostet Geld. Wenn der Nutzer dies nicht zahlen will, dann muss er eine Alternative finden oder es klauen.
Max Mustee
Der Befund ist korrekt. Ich vermiete selbst unter acht Euro im Prenzlauer Berg.. Wenn man sich an die gesetzlichen Vorgaben hält, sind größere Sprünge auch nicht möglich. Je mehr der Bestand gedeckelt wird, desto größer wird der Preisdruck auf Neuvermietungen und Neubau. Freiwerdenden Wohnungen werden an Selbstnutzer verkauft. Daher ist eine starke Deckelung der Bestandsmieten am Ende extrem unsozial. Mal sehen, wann das auch die Berliner Politik begreift.
TeeTS
On meinem persönlichen Umfeld wohnt niemand in einer Wohnung, die unter 8€ pro m² kostet. Wenn 70% der Wohnungen in Berlin so günstig sein sollten, frage ich mich, wo diese sind. Also außer in der Phantasie von Frau Kern.
eicke81
@TeeTS In welchem Umfeld wohnen Sie denn?