Metronom dünnt Fahrplan aus: Zug um Zug gestrichen

Der Metronom kürzt seinen Fahrplan zur Hauptverkehrszeit zusammen – und begründet das mit mehr Verlässlichkeit. Das Problem heißt Fachkräftemangel.

Der blau-gelbe Metronom Zug fährt durch die Lande, im Vordergrund ein Rapsfeld

Fährt schnell, aber in Zukunft weniger oft: der Regionalzug Metronom Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BREMEN taz | Es wird voll im Zug: Wie das private Bahnunternehmen metronom am Mittwoch mitteilte, werden ab dem nächsten Dienstag bis zum Ende des Jahres Züge gestrichen. Vor allem zu den Stoßzeiten entfallen dann Fahrten ohne Ersatz. Mit der geplanten Streichung von Zügen soll es weniger ungeplante Ausfälle geben.

Metronom ist seit 2003 als privates Bahnunternehmen in Norddeutschland unterwegs und bedient hier drei Strecken: Die Züge fahren zwischen Uelzen, Hannover und Göttingen, zwischen Hamburg und Uelzen, sowie zwischen Hamburg und Bremen.

Die aktuelle Fahrplanänderung betrifft zum Einen alle Nachtfahrten: Ab 0 Uhr entfallen alle Züge, es gibt aber Ersatzverkehr mit Bussen. Am Wochenende wird darüber hinaus jeder dritte Zug zwischen Hannover und Göttingen durch Busse ersetzt.

Für die dritte Änderung allerdings wird es keinen Ersatz durch Busse geben: Zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr morgens und nach Feierabend fallen ab kommender Woche alle sogenannten Verstärkerfahrten ersatzlos aus. Bisher fahren die Metronom-Züge zu diesen Zeiten halbstündig auf allen Strecken. Nun soll es nur noch stündliche Fahrten geben. Dabei sind die regulären Züge zu diesen Zeiten bereits jetzt gut ausgelastet – sprich: oft brechend voll.

Fahrplankürzung als Verbesserung

„Stabiler Fahrplan“ nennt Metronom die faktische Kürzung, und, ja, das Unternehmen will das Ganze als Verbesserung verstanden wissen. Indem man geplant weniger Reisen anbietet, soll das, was noch im Plan steht, verlässlicher fahren. Nur noch ein bis drei Prozent der Reisen sollen auf diese Art kurzfristig scheitern. In letzter Zeit waren es eher fünf bis zehn Prozent. „Wir sehen das als massive Entlastung für die Fahrgäste“, sagt Metronom-Pressesprecher Björn Tiedemann.

Malte Diehl vom Fahrgastverband ProBahn Niedersachsen-Bremen akzeptiert die Argumentation nicht. „Es ist zwar gut, wenn man weiß, woran man ist“, sagt der Verbandssprecher. „Aber das ändert nichts daran, dass man wieder aufs Auto umsteigt, wenn die Fahrzeiten der Bahn nicht zu den Arbeitszeiten passen.“

Der Grund für die Ausfälle: Es mangelt an Personal. 25 Zug­füh­re­r*in­nen fehlen, heißt es – bei insgesamt rund 300 Lok­füh­re­r*in­nen auf der Lohnliste. Einige Monate Anfang des Jahres, so Tiedemann, sei es – dank Überstunden und Springerdiensten – trotz des Mangels gut gelaufen.

In der Tat zeigt der Qualitätsmonitor der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) mit seiner Datenbasis bis in den März hinein eine akzeptable Quote für die Metronomzüge: gut 95 bis gut 98 Prozent der Fahrten fanden statt. Die DB Regio Nord steht auf einigen Linien mit nur 86 Prozent weit schlechter da.

Björn Tiedemann, Metronom Sprecher

„Wir bewerben die Jobs wie andere Unternehmen Joghurt.“

Doch ab Mai änderte sich das – bis zu zehn Prozent der Fahrten fielen nun aus. Ein paar Krankheitsfälle und die Urlaubszeit waren ein Teil der Ursache. „Was uns tatsächlich über die Klippe hat springen lassen war die Baustellendichte auf den Strecken“, so Sprecher Tiedemann. Durch Baustellen verlängert sich jede einzelne Fahrt; die Fahrer sind dann länger gebunden.

Baustellen, Krankheit, Urlaub – nichts davon dürfte ein Bahnunternehmen im Normalfall überraschen. „Aber bei einem fragilem System mit zu wenig Personal darf einfach nichts dazwischen kommen“, sagt Tiedemann. So begründet das Unternehmen auch, dass der frisch gekürzte Fahrplan bis in den Dezember gelten soll – obwohl Urlaubs- und Baustellenzeit demnächst vorbei sind. Man müsse wieder auf eine solide Basis kommen – und den Beschäftigten die Möglichkeit geben, Überstunden abzubauen.

Der neue zusammengekürzte Fahrplan, ist bereits ein Ersatz für einen Ersatz für einen Ersatz. Der letzte Zeitpunkt, zu dem die Metronom-Züge einigermaßen so fuhren, wie es ursprünglich einmal zwischen LNVG und Metronom verabredet worden war, liegt im ersten Halbjahr 2022.

Diehl von ProBahn hat denn auch wenig Verständnis übrig für die Personalsorgen bei Metronom. „Was haben die die letzten Jahre gemacht?“ fragt der Verbandssprecher. „Die Probleme mit den fehlenden Zugführern sind seit Langem bekannt.“ An den verlässlichen Fahrplan glaubt er nicht. Schließlich fielen auch mit den letzten Ersatzfahrplänen Züge aus.

Tiedemann verweist auf den allgemeinen Fachkräftemangel – gibt aber zu, dass es beim Unternehmen zu wenig Ehrgeiz bei der Personalsuche gegeben habe. Mittlerweile ziehe man alle Register des Marketings. „Wir bewerben die freien Jobs wie andere Unternehmen einen Joghurt“, sagt er. Und statt zweien würden dieses Jahr drei Lehrgänge für neue Lokomotivfahrer angeboten. Im Dezember sollen die nächsten 15 Ab­sol­ven­t*in­nen in den Dienst treten.

Das nächste Ungemach könnte da schon drohen: Für den Metronom treten schon im Januar 2025 die neuen GdL-Tarifverträge in Kraft, die Beschäftigten eine 35-Stunden-Woche ermöglichen. Bei Metronom hofft man, dass viele sich stattdessen für mehr Geld entscheiden.

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