Gewalt in Papua-Neuguinea: Bewohner dreier Dörfer getötet

In Papua-Neuguinea wurden mindestens 26 Menschen massakriert und drei Dörfer niedergebrannt. Es ist schon der zweite derartige Angriff in diesem Jahr.

Menschen rennen, Rauch steigt auf, eine Straßenszen aus der Hauptstadt von Papua-Neuguinea

Bereits im Januar 2024 hatte es auch in in Port Moresby, der Hauptstadt Papua-Neuguineas, Plünderungen und tödlicher Gewalt gegeben Foto: Andrew Kutan/afp

BERLIN taz | Im Norden Papua-Neuguineas hat es bei einem Überfall auf drei Dörfer ein Massaker mit mindestens 26 Toten gegeben. Dass dies außerhalb des gewaltgeprägten Südpazifikstaates überhaupt bekannt wurde, ist dem UN-Menschenrechtshochkommissar Volker Türk zu verdanken. Das Büro des Österreichers in Genf, das von UN-Mitarbeitern in Port Moresby informiert wurde, gab am Mittwoch eine Erklärung ab. „Ich bin entsetzt über den schockierenden Ausbruch tödli­cher Gewalt in Papua-Neuguinea“, sagte Türk.

Hintergrund seien offenbar Streitigkeiten um Land- und Mee­res­besitz sowie Nutzungsrechte. Die Zahl der Toten könnte laut UN auf über 50 steigen, da die Behörden weiter nach Vermissten suchten. Zudem seien viele Bewohner in die Flucht getrie­ben worden, nachdem Angreifer deren Häuser in Brand gesetzt hätten.

Die Angriffe auf die abgelegenen Dörfer Angrumara, Tambari und Magendo im Angoram-Distrikt der Provinz Ost-Sepik hätten schon am Dienstag und Donnerstag vergangener Woche stattgefunden. Dies erklärte Ost-Sepiks amtierender Polizeichef James Baugen laut der Zeitung The National. 33 mit Gewehren, Speeren, Macheten und Katapulten bewaffnete Männer aus drei Nachbardörfern seien mutmaßlich verantwortlich für die Morde an den mindestens 26 Männern, Frauen und Kindern. Einige Frauen und Mädchen seien zuvor vergewaltigt worden. Das Dorf Tambari wurde komplett niedergebrannt.

Karte von Papua-Neuguinea

Foto: Infotext

Verwest und von Krokodilen gefressen

Laut Baugen seien Polizei und Ärzte dort erst am Wochenende eingetroffen. Leichen seien schon im Prozess der Verwesung gewesen und solche an Gewässern womöglich von Krokodilen gefressen worden. Zwei Überlebende habe man aufgefordert, das Gebiet zu verlassen, alle anderen seien geflohen. Eine Überlebende erklärte laut The National: „Es war ein Überraschungsangriff und wir waren hilflos.“

Einige Dorfbewohner seien per Kanu geflohen, nachdem sie Schüsse gehört hätten, doch seien sie verfolgt und zum Teil getötet worden. Eine Frau überlebte, weil sie sich drei Stunden lang an einen schwimmenden Baumstamm klammern konnte. Durch die Provinz fließt mit dem Sepik Papua-Neuguineas größter Fluss, der in die Bismarcksee mündet.

Laut Baugen wollte die Polizei noch am Mittwoch Ermittlungen aufnehmen, die aber durch Benzinknappheit erschwert würden. Angaben zu Hintergründen oder Motiven der Täter machte er nicht.

Bereits zweites Massaker in diesem Jahr

Das Massaker ist in diesem Jahr bereits der zweite große Überfall von Angreifern aus Nachbardörfern. Im Februar wurden in der Provinz Enga im zentralen Hochland bei Kämpfen zwischen Milizen unterschiedlicher Ethnien mindestens 26 Männer getötet. Die meisten Opfer sollen auf dem Weg zu einem Nachbardorf gewesen sein, um den Mord an einer Frau zu rächen, und gerieten dabei in einen Hinterhalt.

Das nordöstlich von Australien gelegene Papua-Neuguinea, das bis 1914 eine deutsche Kolonie war, zählt rund 300 Ethnien bei 10 Millionen Einwohnern und ist zu großen Teilen noch eine Stammesgesellschaft mit jahrhundertealten Konflikten. Allein in der armen Agrarprovinz Ost-Sepik mit rund 450.000 Einwohnern soll es 90 lokale Sprachen geben.

Konflikte um Land und Ressourcen

Die Konflikte um Land und den Zugang zu Ressourcen haben sich mit dem Wachstum der Bevölkerung verschärft, die sich seit 1990 mehr als verdoppelt hat. Weil inzwischen automatische Schusswaffen Speere und Pfeil und Bogen abgelöst haben, ist bei Konflikten auch die Zahl der Opfer drastisch gestiegen.

Der Staat ist schwach und kann seine Polizei nur schlecht bezahlen. Als im vergangenen Januar viele Polizisten eine angebliche Computerpanne bei der Auszahlung ihrer Gehälter für eine drastische Gehaltskürzung hielten und darauf spontan in einen Streik traten, führte dies in der Hauptstadt Port Morresby zu massiven Plünderungen. 16 Tote und eine Regierungskrise waren die Folge.

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