Pläne für den Molkenmarkt: Die tote Mitte wiederbeleben

Der Molkenmarkt entstehe zwar an einem geografisch zentralen Ort. Attraktive Anlaufpunkte seien trotzdem weit entfernt, befürchten Stadtplaner.

Ein Baustellenzaun an einer Straße, im Hintergrund der Berliner Fernsehturm

Hier soll es irgendwann mal schön aussehen: Baustelle am Molkenmarkt in Berlin-Mitte Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN taz | Zu welchem Anlass kommt man eigentlich am Molkenmarkt vorbei? Auf dem Weg zu einer Veranstaltung in der Alten Münze, würden vielleicht manche antworten. Die meisten aber werden mit diesem Stadtraum nichts verbinden. Zumindest nichts, das zum Verweilen einlädt. Viele kennen den ältesten Platz Berlins vor allem als einen zu durchquerenden Verkehrsraum entlang einer der am stärksten befahrenen Ost-West-Verbindungen der Stadt.

Einen „toten Ort“ nennt ihn Georg Raiser von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) am Montagnachmittag in der Sitzung des Baukollegiums. Das Gremium berät die Senatsverwaltung in städtebaulichen Fragen. Es soll dabei helfen, aus dem toten Ort Anfang des kommenden Jahrzehnts ein gemischtes Stadtquartier entstehen zu lassen. Raiser mahnt, nicht zu unterschätzen, wie groß am Ende die Herausforderung sein wird, den Ort mit Leben zu füllen.

Die WBM ist neben der Degewo eines der beiden landeseigenen Wohnungsunternehmen, die hier beim bedeutendsten Stadtentwicklungsprojekt in der Berliner Mitte zum Zuge kommt. 260 der insgesamt rund 450 Wohnungen sollen die beiden Landeseigenen ab dem Jahr 2028 bauen, mindestens die Hälfte davon mietpreisgebunden.

Doch Wohnungen allein können ein Quartier nicht wiederbeleben. Der Molkenmarkt liege abseits der Laufwege und innerstädtischen Ziele der Berliner, sagt Georg Raiser. Städtebauliche Barrieren wie das Rote Rathaus würden auch künftig eher davon abhalten, zu Fuß Richtung Molkenmarkt zu gehen.

„Keine Adresse in den Köpfen der Menschen“

Der Hauptlaufweg in diesem Teil der Stadt führe vom Alexanderplatz über das Rathausforum entlang der Vorderseite des Roten Rathauses mit einem kleinen Abstecher im Nikolai­viertel bis zum Humboldt Forum, meint Raiser. „Rund um den Molkenmarkt gibt es keine Adresse in den Köpfen der Menschen“, sagt er.

Solche Magneten zu schaffen, die später einmal einladen, den Molkenmarkt als Ziel zu haben und dann auch hier zu verweilen, ist eine der zentralen Herausforderungen. Laut Raiser entscheide sich diese Frage auch im Erdgeschoss. Denn neben den Wohnungen sollen am Molkenmarkt auch Räume für Kultur, Gastronomie und Einzelhandel entstehen. Ein ausreichend großes Flächenangebot mit flexiblen Grundrissen ist in seinen Augen nötig, um potenziellen Gewerbemietern auch ein passendes Angebot machen zu können.

Streit um Architektur

In der Vorstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung soll einmal ein Kulturpfad vom Haus der Statistik am Alexanderplatz durch das Molkenmarkt-Quartier bis zur Alten Münze und in das Nikolaiviertel führen. An diesem Pfad müsse sich im Molkenmarkt-Quartier dann auch das urbane Leben konzentrieren, meint Raiser. Dafür brauche es „ein architektonisches Highlight“.

Wie die Architektur am Molkenmarkt aussehen soll, darüber wird seit Jahren gestritten. Seit einem Monat arbeitet das Büro Mäckler Architekten im Auftrag der Senatsverwaltung an einem Gestaltungshandbuch. Das Büro war bereits am Bau der rekonstruierten Neuen Altstadt in Frankfurt am Main beteiligt.

In der Stadtgesellschaft gibt es deshalb Befürchtungen, dass durch aufwändige gestalterische Vorgaben die Kosten so in die Höhe getrieben werden, dass hier kein bezahlbarer Wohnraum gebaut werden kann, ohne dass die Landeseigenen mit einem Minus herausgehen.

Am Dienstag forderte die Initiative Offene Mitte Berlin deshalb, „dass bei der weiteren Planung für den Molkenmarkt das kostenbewusste Bauen im Mittelpunkt steht“. Darüber hinaus sollten die Gebäudeeinheiten so bemessen werden, „dass wirtschaftlich zu errichtende und zu betreibende Gebäude ermöglicht werden“.

Auch die Mitglieder des Baukollegiums mahnten am Montag, bei all den gestalterischen Vorgaben, die bis Ende des Jahres erarbeitet werden sollen, den Blick auf das Gesamtquartier nicht zu verlieren. Dafür bieten die Architekten an, den Prozess eng zu begleiten und sich an der Entwicklung der Richtlinien zu beteiligen – auch jenseits der nächsten Baukollegiumssitzung im November.

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