Zivilgesellschaft in Kambodscha: Hohe Haftstrafen für Umweltschützer

Kambodschas Regime sperrt alternative Nobelpreisträger wegen „Verschwörung“ ein. Diese machen Korruption für Umweltzerstörung mitverantwortlich.

Ein kambodschanischer Umweltaktivist hält ein Plakat mit der Aufschrift "Gerechtigkeit ist tot", nachdem das kambodschanische Gericht das Urteil gegen Aktivisten der kambodschanischen Umweltgruppe Mother Nature wegen Verschwörung gegen die Regierung und Beleidigung des Königs verkündet hat, 2. Juli 2024 in Phnom Penh, Kambodscha.

Protest auf der Straße: Kambodschanisches Gericht sperrt Umweltaktivisten wegen Verschwörung gegen die Regierung ein Foto: Chantha Lach/reuters

BERLIN taz | Wegen „Verschwörung“ und „Beleidigung des Königs“ hat ein Gericht in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh am Dienstag zehn Aktivisten der Umweltorganisation Mother Nature Cambodia zu je sechs bis acht Jahren Haft verurteilt. Dies berichtete die lokale Menschenrechtsorganisation Licadho. Demnach erhielten drei der Verurteilten zusätzlich Geldstrafen.

Beim Prozesses, der am 29. Mai begonnen hatte, wiesen die Angeklagten die Vorwürfe zurück und protestierten gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit von den Verhandlungen. Der Prozess fand daraufhin teilweise auch in Abwesenheit der Angeklagten statt.

Vor dem Gerichtsgebäude wurden vier der vom Gericht für schuldig Befundenen zum Teil gewaltsam festgenommen. Sie hatten dort in weißer Trauerkleidung demonstriert. Andere Verurteilte sind untergetaucht oder leben im Ausland. Einige hatten schon früher wegen ihres Engagements im Gefängnis gesessen.

Die Urteile seien „ein weiterer vernichtender Schlag gegen Kambodschas Zivilgesellschaft“, kommentierte Montse Ferrer von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Statt auf die Umweltschützer zu hören, habe die Regierung entschieden, sie einzusperren.

Umweltschutz kombiniert mit Internetaktivismus

Die 2012 gegründete Organisation Mother Nature hat mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, über die sie selbst im Internet und in den sozialen Medien berichtete, erfolgreich junge Menschen für Umweltthemen sensibilisiert. Auch städtische Jugendliche mobilisierten sie gegen die Naturzerstörung auf dem Land.

„Kreativität ist der Schlüssel zu unserem Erfolg,“ hatte der jetzt zu sechs Jahren Gefängnis verurteile Ly Chandaravuth bei einem Besuch der taz im November vergangenen Jahres gesagt. Der damals 23-Jährige war Fundraiser der innovativen Organisation.

Die mutigen Aktivisten beschränkten sich nicht – wie manche in anderen ebenfalls autoritär-regierten Ländern Südostasiens – darauf, etwa nur Plastikmüll einzusammeln. Sie wiesen vielmehr öffentlich immer wieder auf den Zusammenhang zwischen massiver Naturzerstörung etwa durch Sandabbau an Flüssen und Ufern, das Trockenlegen von Teichen und Verschmutzung von Luft und Wasser mit der grassierenden Korruption hin.

Aufdeckung von Umweltverstößen

Für ihre Arbeit war die Organisation im letzten Jahr in Stockholm mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet worden, der auch als alternativer Nobelpreis bezeichnet wird – als allererste aus Kambodscha überhaupt. Durch Social-Media-Aktionen sowie die Schulung und Mobilisierung junger KambodschanerInnen habe die Organisation „wesentlich dazu beigetragen, zahlreiche Umweltverstöße im Land aufzudecken und zu beenden“, hieß es in der Begründung.

Dem Regime von Hun Manet, der im letzten August neuer Premierminister in Nachfolge seines Vaters Hun Sen wurde, der 38 Jahre regiert hatte, war die Organisation aber ein Dorn im Auge. Und die Verurteilung durch die in Kambodscha nicht unabhängige Justiz zeigt jetzt, dass auch die neue Regierung keinerlei Widerspruch aus der Zivilgesellschaft duldet.

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