Globaler Rechtsruck gestoppt, vorerst: Linker Wind und Erkältungsgefahr

Unsere Kolumnistin blickt in die Woche zurück und freut sich über linke Wahlerfolge. Ein angeblicher Schnupfen in den USA sorgt aber für Beunruhigung.

Diverse Politiker schauen gebannt zu Präsident Biden (nicht im Bild), der gerade spricht

NATO-Gipfel in Washington, USA, 11. Juli: alles schaut auf den amerikanischen Präsidenten Joe Biden Foto: Susan Walsh/ap/dpa

Lieblingsschauspieler, Lieblingssängerin, Lieblingsessen, Lieblingsfarbe? Absolutheiten sind selten meine Sache. Aber über die Jahre bin ich zumindest immer wieder zur Fanin (sic!) geworden: von Jonathan Lethem, von Patti Smith und letztens von meiner neuen elektrischen Möhrenreibe.

Seit dieser Woche gehört auch Marina Hyde dazu, Kolumnistin beim Guardian. Ich wäre zufrieden damit, an dieser Stelle einfach ihren Text über Joe Bidens Performance beim TV-Duell mit Donald Trump und über deren Nachwehen nach einem Copy-and-paste zu übersetzen. Aber dann würde man mir vermutlich fremden Federschmuck vorwerfen. Ich bin nicht komplett einer Meinung mit dem, was Hyde sagt. Aber ich musste von der ersten bis zur letzten Zeile lachen – und das braucht man auch mal, so ernst die Lage ist.

Denn, so schreibt auch Marina Hyde: Wenn die USA niesen, bekommt der Rest der Welt einen Schnupfen. Bidens angeblicher Schnupfen beim TV-Duell, mit dem begründet wurde, warum der US-Präsident kaum einen geraden Satz herausgebracht hat (aber hey, laut Ehefrau Jill Biden hat er immerhin alle Fragen beantwortet; das ist das Niveau, auf dem wir heute über US-Präsidenten sprechen) – Bidens Schnupfen, soll das also heißen, betrifft uns alle. Und ich will nicht Trump 2.0 erleben, um herauszufinden, ob das wahr ist.

Beim Nato-Gipfel diese Woche stand Biden besonders unter Beobachtung. Dort patzte er einmal ziemlich heftig: Er begrüßte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „Präsidenten Putin“. Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an den Nato-Gipfel sprach er dann auch noch vom Vizepräsidenten Trump (statt Harris). Na klar, meine Mutter hat mich auch schon mit dem Namen meiner Schwester angesprochen. Aber nicht auf der weltpolitischen Bühne. Und abwählen kann ich sie auch nicht. (Will ich auch nicht!, füge ich lieber noch an.)

Positiv auf die Weltpolitik schauen

Zwei Wochen ist das desaströse TV-Duell her. Noch will Biden an seiner Kandidatur festhalten. Noch haben sowohl er als auch die Demokraten Zeit, die Entscheidung zu revidieren. Wenn sie es richtig anstellen, können sie die Wahl im Herbst gewinnen.

Ich sage das, weil dies eine gute Woche ist, um positiv auf die Weltpolitik zu schauen. Und weil ich dem Gedanken nicht ganz abgeneigt bin, dass die Sprache das Bewusstsein formt. So à la sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Also: In Frankreich ist das Linksbündnis stärkste Kraft geworden. Es will den Mindestlohn erhöhen und eine Reichensteuer einführen. Vom Wollen zum Tun ist es ein weiter Weg, ja, aber wie schnell es gehen kann, hat Großbritannien gezeigt. Dort wurden die Konservativen abgewählt, der neue Premier Keir Starmer hat als Erstes das menschenfeindliche Asylabkommen mit Ruanda gestoppt. Hurra!

Linker Volkswille

Von daher halte ich es heute mal mit dem Gesellschaftsmagazin Krautreporter (das dieses Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert, Glückwunsch!): „Es gibt keinen Rechtsruck.“ Das zeigten die Wahlergebnisse der letzten Monate. Die Autorin listet neben Frankreich und England auf: In Indien verlor der hindunationalistische Premierminister Narendra Modi immerhin überraschend die absolute Mehrheit, in Mexiko wurde die linke Claudia Sheinbaum Präsidentin. Ich ergänze: Im Iran hat sich der sogenannte Reformer Massud Peseschkian gegen einen Hardliner durchgesetzt.

Ja, zum Teil klingt das wie die Freude darüber, wenn bei kommunalen Bürgermeisterwahlen der CDU-Kandidat gegen den AfD-Mann gewonnen hat, und das nur nach Bündelung aller demokratischen Kräfte. Zudem: Der Sieg gegen die Rechten bringt wenig, wenn die Sozialdemokraten dann deren Politik vorantreiben (siehe Abschiebediskurs in Deutschland). Doch das machen sie unter Berufung auf den Willen des Volks. Und der zeigt nun in immer mehr Ländern: Nein, rückwärtsgewandte, repressive, migrationsfeindliche Politik, die Ungleichheit bestärken und Diversität minimieren will, ist nicht gewünscht. Man muss es nur beschwören. Dann klappt’s vielleicht auch in den USA.

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