: Dunkle Geschäfte an der Costa Blanca
Hinter den Kulissen von Spaniens beliebter Urlaubsregion: „Falsches Spiel in Valencia“ von Daniel Izquierdo-Hänni
Von Reiner Wandler
Vicente Alapont kann es einfach nicht lassen. Obwohl der ehemalige Starermittler der Policia Nacional in der spanischen Mittelmeerstadt Valencia bereits vor ein paar Jahren Pistole und Dienstmarke an den Nagel gehängt hat, ermittelt er wieder. Sein zweiter Fall – „Falsches Spiel in Valencia“ – führt den ehemaligen Inspektor, der jetzt als Taxifahrer seinen Lebensunterhalt verdient, in die Welt der Großunternehmer, die in der Region Valencia den Ton angeben und zugleich in die Abgründe der russischen Mafia, die hier an der westspanischen Costa Blanca Sonne und dunkle Geschäfte geniest, seitdem die Sowjetunion untergegangen ist.
Der Autor Daniel Izquierdo-Hänni bettet seine spannende Geschichte kenntnisreich in das ein, was hinter den Kulissen der beliebten spanischen Urlaubsregion passiert. Wie der wohl bekannteste spanische Krimiautor, der Katalane Manuel Vázquez Montalbán, versucht der schweizerisch-spanische Doppelbürger Izquierdo-Hänni keine Aspekte des Alltagslebens auszulassen. Alapont ist gesellig, isst und trinkt gerne. Wer seinen Spuren durch die Altstadt Valencias und die Dörfer rund um die Stadt folgt, wird kulinarisch nicht enttäuscht werden. Nur kochen kann der Ex-Inspektor – anders als der Ermittler von Vázquez Montalbán – nicht, oder besser gesagt, er konnte es bisher nicht. Denn während er in seinem neuen Falls im Auftrag der Ehefrau aufzuklären versucht, warum einer der wichtigsten Transportunternehmer Spaniens verschwunden ist, besucht Alapont Kurse und schaut Freunden und Köchen über die Schulter, um endlich selbst das valencianische Nationalgericht Paella zubereiten zu können.
„Falsches Spiel in Valencia“ knüpft dort an, wo Inspektor Alapont seinen Job bei der Polizei endgültig quittierte: beim Tod einer 17-Jährigen, den er nie aufklären konnte. Sie war die Tochter des jetzt verschwundenen Transporteurs, eines der reichsten Männer Valencias.
Daniel Izquierdo-Hänni: „Falsches Spiel in Valencia“. Gmeiner Verlag, Meßkirch 2024, 247 Seiten, 15 Euro
Izquierdo-Hänni stammt aus Basel, sein Vater ist Spanier, seine Mutter Schweizerin. Vor 20 Jahren zog es ihn in die Heimat seiner Frau. Weitläufige Familienstrukturen verschaffen ihm einen tiefen Einblick in Land und Kultur. Beiden Krimis von Izquierdo-Hänni ist anzumerken, dass der Autor seine Stadt liebt und sie ihn dennoch zugleich immer wieder unendlich nerven kann. Das ist bei ihm nicht anders als bei vielen Menschen, die in einer der Metropolen Spaniens leben. Staus, Hitze, Lärm … der Alltag ist anders als Urlaub. Der erste Fall trug den Titel „Mörderische Hitze“ und führte Alapont durch den oft unerträglich heißen Sommer in die Welt des Weinbaus.
Izquierdo-Hänni geht mit Orts- und Politikkenntnis an die Sache. Es geht um Steuerhinterziehung in großem Stil beim Handel mit Orangen, um Schwarzgeld und Korruption – Themen, bei denen nur die Hauptstadtregion Madrid Valencia Konkurrenz macht. Izquierdo-Hänni beschreibt den Größenwahnsinn der Konservativen, die sich kräftig an öffentlichen Aufträgen, wie etwa den Formel-1-Rennen in Valencia, bedienten. Er berichtet von der seit Jahrzehnten geplanten Bahntrasse entlang dem Mittelmeer hinauf nach Europa, die bis heute nicht fertiggestellt ist, und liefert dafür politisch-ökonomische Erklärungsansätze. Bei all dem zeigt er auf, wie Klüngelwirtschaft auf Spanisch funktioniert.
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