Mit mehr Tempo zum Verbotsverfahren

Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz und die Grünen wollen ein AfD-Verbots­verfahren beschleunigen: Nun soll eine Taskforce für eine Materialsammlung her

Marco Wanderwitz sitzt im Bundestag

Findet die AfD-Wahlergebnisse „beängstigend und bedrückend“: Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz Foto: Christian Thiel/imago

Von Konrad Litschko

Seit Monaten sucht Marco Wanderwitz Unterstützer für ein AfD-Verbot im Bundestag, jetzt umso mehr. „Die Ergebnisse der AfD bei der Europa- und Kommunalwahl in Ostdeutschland sind beängstigend und bedrückend“, sagte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete. „In vielen Kommunen können die Rechtsextremen jetzt ihre Agenda durchsetzen. Und diese Agenda wird immer radikaler. Dem können und dürfen wir nicht einfach zuschauen.“

Am liebsten bis zur Sommerpause des Bundestags wollte Wanderwitz einen AfD-Verbotsantrag im Parlament einbringen, so hatte er es zuletzt angekündigt. Dafür bräuchte es 37 Abgeordnete. „Die haben wir zusammen“, sagte Wanderwitz nun der taz. Erst aber wolle er noch die schriftlichen Urteilsgründe des Oberverwaltungsgerichts Münster abwarten, das im Mai die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall bestätigt hatte. Bis zu fünf Monate hat das Gericht für die Urteilsgründe Zeit. Eine Sprecherin erklärte aber, sie gehe nicht davon aus, dass das ausgeschöpft werde.

„Wenn die Urteilsgründe vorliegen, werden wir uns das genau anschauen und dann unseren Verbotsantrag aktualisiert und gut begründet einbringen“, kündigte Wanderwitz nun an. „Der demokratische Rechtsstaat kann eine Partei, die rund um die Uhr Hass und Hetze verbreitet und diesen Rechtsstaat abschaffen will, nicht einfach gewähren lassen, bis es zu spät ist.“

Bei der Europawahl hatte die AfD bundesweit die zweitmeisten Stimmen geholt, im Osten lag sie gar vorne. Dazu feierte die Partei breite Erfolge bei den Kommunalwahlen. Auch in der Ampel blicken viele mit Sorge auf das Erstarken der AfD – und die Radikalisierung der Partei. SPD-Chefin Saskia Esken und Teile der SPD zeigen sich schon länger offen für einen Prüfantrag der Verfassungswidrigkeit der AfD. Andere, wie Kanzler Olaf Scholz, lehnen den Weg bisher ab.

Die Grünen wollen den Weg zum AfD-Verbotsverfahren nun beschleunigen – und fordern von der Innenministerkonferenz (IMK), die ab Mittwoch tagt, die Einrichtung einer Taskforce, um Material für einen AfD-Verbotsantrag zusammenzutragen. „Die AfD ist ein Sicherheitsrisiko für die Menschen und die Demokratie“, sagte Grünen-Innenexperte Marcel Emmerich der taz. „Sie hat Rechtsterroristen in ihren Reihen, will Millio­nen von Bürgern deportieren. Und mit China und Russland sind die größten Feinde unserer Demokratie ihre besten Freunde. Der Staat muss sich ­gegen diese Radikalisierung wehren.“ Die Sicherheitsbehörden müssten daher „systematisch in einer Materialsammlung“ alle Einschätzungen zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen der AfD zusammentragen, fordert Emmerich. „Ich erwarte von der nächsten Innenministerkonferenz, dass sie genau dafür eine Arbeitsgruppe von Bund und Länder einsetzt.“

Auch der Grünen-Bundesvorstand unterstützt das Ansinnen, hatte zuletzt per Beschluss eine ebensolche Taskforce gefordert. Und auch das rot-rot-grün regierte Bremen tritt dafür ein. Aus der Riege der SPD-InnenministerInnen heißt es, man werde das Thema AfD-Verbot auf der IMK in Potsdam ansprechen.

Einen formalen Beschlussvorschlag dazu aber gibt es nach taz-Informationen bisher nicht. Zudem gibt sich der aktuelle IMK-Vorsitzende, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), skeptisch in Sachen AfD-Verbot, verwies zuletzt auf die hohen Hürden. Auch Bundesinnenministerin Nancy Fae­ser (SPD) ist zurückhaltend. Es wäre zwar „nicht klug“, das Instrument des Verbots von vornherein auszuschließen, erklärte sie zuletzt. Die AfD aber müsse man „zuallerst politisch schlagen“.

CDU-Mann Wanderwitz hält beides für nötig – und sammelt weiter Unterstützer für ein AfD-Verbot. Und auch der Grüne Emmerich drängt: Es sei die Pflicht aller Verfassungsorgane „dieses Instrument einer wehrhaften Demokratie zu prüfen und anzuwenden“, erklärt er.