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Neues PostgesetzSchlecht für Briefeschreiber

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Briefzustellung darf künftig langsamer sein. Die Argumente der Deutschen Post muten abenteuerlich an – profitieren dürften allein die Shareholder.

Foto: Skata/imago

B ereits heute kommt bei vielen die Post keineswegs jeden Tag. Etliche werden glauben, dass sich mit dem neuen Postgesetz nichts ändert – und die Bundesregierung mit der Novellierung sowieso nur den Status quo offiziell macht. Doch so einfach ist das leider nicht.

Die Ampel lockert die Vorgaben für die Post ganz erheblich. Das Unternehmen muss nicht mehr sicherstellen, dass das Gros der Briefe am nächsten Tag zugestellt wird. Der DHL-Konzern, zu dem die Deutsche Post gehört, kann auf diese Weise viel Geld sparen. Dürfen Briefe später und langsamer transportiert werden, werden die Ma­na­ge­r:in­nen die Arbeitsprozesse ändern, Kosten senken und weniger Beschäftigte vorhalten. Davon profitieren die Ak­tio­nä­r:in­nen des Unternehmens, das Gewinne in Milliardenhöhe macht. Der Staat, vor der Privatisierung alleiniger Eigentümer, hat gerade ein großes DHL-Aktienpaket verkauft und wird davon wenig abbekommen.

Für die Bür­ge­r:in­nen sind die neuen Regeln schlecht. Wer einen Aufschlag zahlt, kann sich das heute noch geltende Tempo erkaufen – hier ist die Reform einfach eine versteckte Preiserhöhung. Doch Unternehmen und Institutionen werden diesen Aufschlag kaum zahlen. Verträge, juristische Schriftstücke oder wichtige Online­zugangsdaten werden nach wie vor per Briefpost verschickt. Es macht durchaus einen Unterschied, ob Wichtiges früher oder später kommt. Diese Erfahrung macht etwa, wer nach dem Verlust der Bankkarte erst viele Tage auf eine neue und dann noch mal auf die PIN-Nummer wartet.

Die Reform wird verkauft mit dem Argument, die Regeln würden an das digitale Zeitalter angepasst. Das ist fast lustig angesichts eines Staats, der Bür­ge­r:in­nen kaum etwas online erledigen lässt. Mit­ar­bei­ter:in­nen von Paketdiensten stellen unter enormen Zeitdruck zu, schleppen sehr schwere Lieferungen und werden dafür nicht angemessen bezahlt. Viele heuern nicht bei der Deutschen Post an, sondern bei einem der unzähligen Sub­unternehmen oder Subsubunternehmen – bei denen die Bedingungen noch schlechter sind. Denn bei den Sub­firmen muss ja auch was hängen bleiben. Die Bundesregierung hat diesem Treiben kein Ende bereitet – das muss sie nachholen.

Und noch etwas: Die Änderungen beschleunigen das Ende der gedruckten Tageszeitungen. Die Post muss künftig nicht mehr jeden Tag zustellen. Tageszeitungen müssen aber zunehmend mit der Post zugestellt werden, denn gerade auf dem Land gibt es immer weniger Austrägerdienste. Kommt die Tageszeitung regelmäßig Tage später, verliert sie ihren Sinn.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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16 Kommentare

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  • Was wirklich hilft: Macht endlich den Aufkleber "Keine Werbung! Keine kostenlosen Zeitungen!" an euren Briefkasten!



    Denn das Werbegeschäft knechtet die Zusteller noch mehr als persönliche Post und ist die reine Umweltverschmutzung.

  • Vielleicht kann die Post sich dann ja mal wieder echte Zustellbezirke leisten, in denen der zuständige Zusteller zuverlässig die Post bis kurz nach Mittag bringt. Zur Zeit wechselt das Personal schneller als die Ortskenntnis der Boten und man darf jeden Tag aufs Neue gespannt sein, wer da wann und mit welcher Fehlerquote unterwegs ist. Einplanen in private oder betriebliche Abläufe kann man da ja schon lange nichts mehr. Scheint die Bonner Bosse Aubergine auch nicht weiter zu interessieren.

  • Bankkarte nach vier Tagen und PIN nochmal vier Tage später?



    Schön wäre es.



    Die landen jetzt in der gleichen Lieferung, schön gebündelt, damit schon weit vor dem Briefkasten deutlich wird, was da verschickt wird.



    Das Sicherheitssystem, Karte und PIN getrennt mit der Post zu verschicken, wird ausgehebelt.

  • Innerhalb der City nutzen wir eh Kurierdienste - wichtige Dokumente als Email Anhang.



    Due Entscheidungen von der Post wohl Nachvollziehbar, von unserer Regierung mal wieder nicht !

  • Privatisierung von Daseinsvorsorge war noch nie eine gute Idee.

    • @Septum:

      Was dieses Relikt mit Dasein zu tun hat ist mir nicht klar….

  • Krieg ich jetzt also Rechnungen, Mahnungen und Werbung einen Tag später? Ich bin völlig entrüstet!

  • Die Privatisierung der Post scheint ja eine ganz fantastische Idee gewesen zu sein.

    • @Wonko the Sane:

      Funktioniert doch super? Nur brauchen tut man die Post eigentlich kaum mehr….

      • @Wombat:

        Ja, wenn man Infrastruktur eigentlich nicht mehr braucht, kann man sie ruhig privatisieren.

  • Dann wollen wir mal hoffen, daß Behörden wie z.B. Finanzamt, Gerichte usw., welche terminierte Post verschicken, auch darüber informiert sind.

    Sonst bekommt man die Post erst dann, wenn die (sowieso viel zu kurze Frist) schon abgelaufen ist..

    • @Juhmandra:

      In Berlin lassen die Behörden durch PIN zustellen und das von Ihnen genannte trifft längst zu.

  • Irgendwie wiedersprüchlich, bei uns kommt schon seit Jahren montags keine Post mehr, dafür in letzter Zeit manchmal drei Autos mit jeweils 2 Personen Personal gleichzeitig und haben die Post im ganzen Ort in kurzer Zeit. Mit DHL gelieferte Sendungen kommen dann auch oft mal schneller als angekündigt ... "Ihr DHL Paket kommt früher als geplant - Jetzt live verfolgen" z.b. Mail von heute morgen.

  • Dass bei immer mehr Umsteigern von Gas auf Wärmepumpen die Gasnetze unbezahlbar für den kleiner werdenden Rest werden, ist ein gern benutztes Argument gegen Gasheizungen.



    Dass die gleiche Logik beim konstant abnehmendem Briefaufkommen greift, scheint man aber zu ignorieren. Warum?

  • Im Dlf tönte das heute aber ein wenig anders. Hervorgehoben wurde der Umweltaspekt, weil dann angeblich nicht mehr geflogen werden muss. Dass Briefe und Pakete natürlich auf die Bahn gehören, und dort mal flächendeckend waren, darf in dem Zusammenhang aber niemand mehr laut sagen. Die Bahn hat schlicht nicht die Kapszitäten, um mehr Güter zu befördern. Es gibt auch keine Pläne, dies zu ändern.

    • @naichweissnicht:

      Die teureren Tarife werden aber doch weiterhin per Flugzeug transportiert?