+++Nachrichten im Nahost-Krieg+++: Hoffnung auf Deal schwindet erneut

Die Hamas und Israel beschuldigen sich gegenseitig, den Biden-Vorschlag zu blockieren. Eine UN-Kommission wirft beiden Seiten Kriegsverbrechen vor.

Palästinenser laufen zwischen Trümmern

Sie warten weiter auf einen Waffenstillstand: Palästinenser zwischen Trümmern im Flüchtlingslager Al Nuseirat Foto: Abed Khaled/reuters

Widersprüchliche Aussagen zu Verhandlungsstand

Nach monatelangen diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Gazakriegs haben die islamistischen Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad nach eigenen Angaben eine Antwort auf den israelischen Vorschlag für eine Waffenruhe und eine Geiselfreilassung im Gazastreifen gegeben. Darin forderten sie „einen vollständigen Stopp der Aggression“ im Gazastreifen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Gruppen am Dienstag. Die USA gaben an, die Antwort zu prüfen.

Hamas und Islamischer Dschihad erklärten weiter, ihre Antwort stelle „die Interessen unseres palästinensischen Volkes in den Vordergrund“ und betone „die Notwendigkeit eines vollständigen Stopps der anhaltenden Aggression gegen den Gazastreifen“. Beide Gruppen seien „bereit, sich zu engagieren, um eine Vereinbarung zu erreichen, die diesen Krieg beendet“.

Zuvor hatten hochrangige Hamas-Vertreter erklärt, die Hamas habe den Vermittlern in den Gesprächen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, Ägypten und Katar, eine offizielle Antwort überbracht. Über den genauen Inhalt der Antwort gab es am Mittwoch unterschiedlich lautende Berichte. Eine mit den Vorgängen vertraute Quelle, die anonym bleiben wollte, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Antwort der Hamas auf den israelischen Vorschlag enthalte „Änderungen“. Israelische Medien und das US-Nachrichtenportal Axios berichteten, dass die Hamas den Plan abgelehnt habe.

Daraufhin veröffentlichte Hamas-Vertreter Issat al-Rischk eine Stellungnahme und schrieb, die Antwort der Palästinenserorganisation sei „verantwortungsvoll, ernsthaft und positiv“ und öffne „den Weg zu einem Abkommen“. Die israelischen Medienberichte zeugten „von Versuchen, Israel von den Verpflichtungen des Abkommens zu entbinden“, erklärte er.

Das Weiße Haus verkündete am Dienstag, es prüfe die Antwort der Hamas auf den Vorschlag. „Wir haben die Antwort erhalten, die die Hamas Katar und Ägypten gegeben hat, und wir prüfen sie gerade“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, vor Journalisten.

Die Antwort bezieht sich auf einen von US-Präsident Joe Biden Ende Mai vorgestellten Plan für eine „sofortige und vollständige“ Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Hamas.

Der Plan sieht unter anderem den Rückzug der israelischen Armee aus bewohnten Gebieten des Gazastreifens vor sowie die Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln im Austausch für palästinensische Gefangene. Demnach würde es zunächst zu einer sechswöchigen Waffenruhe kommen, die verlängert werden könnte, während um ein anhaltendes Ende der Kämpfe verhandelt wird. (afp)

UN-Menschenrechtsrat: Kriegsverbrechen auf beiden Seiten

Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat Israel und mehreren Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Israel habe „die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Ausrottung, des Mordes, der geschlechtsspezifischen Verfolgung, die auf palästinensische Männer und Jungen abzielt, der Zwangsumsiedlung, der Folter und der unmenschlichen und grausamen Behandlung“ begangen, erklärte die im Mai 2021 vom Menschenrechtsrat eingesetzte Kommission in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Zudem hätten der bewaffnete Arm der Hamas und sechs weitere Palästinenserorganisationen Kriegsverbrechen begangen. (afp)

Ranghoher Hisbollah-Kommandeur getötet

Die israelische Armee hat nach libanesischen Angaben den bisher ranghöchsten Kommandeur der islamistischen Hisbollah-Miliz seit Beginn des Gazakriegs getötet. Wie ein Vertreter des libanesischen Militärs weiter erklärte, wurde der Hisbollah-Kommandeur am Dienstagabend bei einem Angriff auf den rund 15 Kilometer nördlich der Grenze zu Israel gelegenen Ort Dschuaijja getötet, bei dem demnach drei weitere Menschen starben. Die Hisbollah selbst benannte ihn als Sami Abdallah, genannt Abu Taleb.

Der 1969 im Südlibanon geborene Abdallah sei „als Märtyrer auf dem Weg nach Jerusalem“ gestorben, schrieb die Hisbollah in der für sie üblichen Formulierung für im Kampf getötete Mitglieder. Später erklärte die proiranische Schiiten-Miliz, ein zweiter Kämpfer namens Mohammad Hussein Sabra sei bei demselben israelischen Angriff getötet worden.

Bislang galt der im Januar bei einem israelischen Angriff ums Leben gekommene Wissam Hassan Tawil als ranghöchstes seit Beginn des Gazakriegs getötetes Hisbollah-Mitglied. Tawil war unter anderem an der Gefangennahme von israelischen Soldaten beteiligt gewesen, die 2006 den letzten Krieg zwischen der Hisbollah und Israel ausgelöst hatten.

Zu dem Angriff vom Dienstagabend machte die israelische Armee ihrerseits zunächst keine konkreten Angaben. Sie erklärte aber, mehrere Ziele der Hisbollah im Süden des Libanon getroffen zu haben. Zuvor habe die Hisbollah 50 Raketenangriffe auf die israelisch besetzten Golanhöhen ausgeführt.

Seit dem Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober kommt es fast täglich zu gegenseitigem Beschuss zwischen Israel und Hisbollah-Kämpfern. In den vergangenen Tagen hatte die Intensität der Kämpfe zugenommen.

Wenige Stunden nach dem mutmaßlich israelischen Luftangriff geriet der Norden Israels am Mittwochmorgen unter heftigen Raketenbeschuss. (taz/afp)

Hilfskonferenz für den Gazastreifen

Unterdessen kündigte Blinken am Dienstag bei einer Hilfskonferenz für den Gazastreifen in Jordanien zusätzliche US-Hilfen für die Palästinenser in Höhe von 404 Millionen Dollar (knapp 377 Millionen Euro) an. Auch forderte er andere Staaten auf, ebenfalls mehr zu geben. „Einige haben ihre große Besorgnis über das Leid des palästinensischen Volks im Gazastreifen geäußert, darunter auch Länder, welche die Fähigkeit haben, viel zu geben, und wenig oder nichts getan haben“, sagte der US-Chefdiplomat.

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist nach acht Monaten Krieg katastrophal. Seit Beginn des Krieges im Oktober flossen US-Hilfsleistungen im Umfang von mehr als 670 Millionen Dollar für die Versorgung der Palästinenser im Gazastreifen, Westjordanland und in weiteren Gebieten in der Region. Das meiste Geld ging an das Welternährungsprogramm und private Hilfsorganisationen.

Die Hilfe für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) war vom US-Kongress ausgesetzt worden, nachdem Israel UNRWA-Mitarbeiter beschuldigt hatte, am Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Blinken befindet sich noch bis Mittwoch im Nahen Osten. Nach seinem Besuch in Jordanien wollte er nach Katar weiterfliegen. (afp)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.