DFB-Team vor Achtelfinale: Spiel um die Sanierung

Gegen Dänemark ersetzt Nico Schlotterbeck den gesperrten Tah. Das evoziert gemischte Gefühle. Für den immer noch klammen DFB geht's auch um viel Geld.

Nico Schlotterbeck im Luftzweikampf gegen Kwadwo Duah von der Schweiz

Manche denken an Schlotterbecks solide BVB-Saison, andere an seine Patzer im Nationaldress Foto: Federico Gambarina/dpa

Es wird ja in diesen Tagen viel über Fülle, Schlotti und Bambi gesprochen. Aber bleiben wir beim wirklich wichtigen Thema: Geld. Der Deutsche Fußball-Bund sieht sich ja gern in der Rolle eines selbstlosen Animateurs, der die Leute im Land auf Betriebstemperatur bringt. Am Samstag wird für die Fans im Land wieder ein neues Bewegungsvideo, diesmal mit dänischer Beteiligung, aufgezeichnet, aber eingedenk all der Nebeneffekte wie wachsender Schlandisten-Freude ist bei dieser EM-Kampagne des DFB auch ein gerüttelt Maß Eigennutz dabei. An den Sieger des Turniers werden fast 29 Millionen Euro ausgeschüttet. Der immer noch klamme Verband kann jeden Cent gebrauchen.

Das Team von Trainer Julian Nagelsmann spielt am Samstag in Dortmund (21 Uhr, ZDF) ums Weiterkommen ins Viertefinale – und die Verbandssanierung. Das Projekt geht im DFB ganz gut voran, wie das Wirtschaftsmagazin Capital herausgefunden hat: Der Fußball-Bund hat im vergangenen Jahr einen Gewinn erwirtschaftet: knapp 4,9 Millionen Euro. Zuvor hatte der DFB zwei Jahre hintereinander Verluste geschrieben. Das lag unter anderem an hohen Belastungen durch Steuerverfahren, Kosten für den neuen Campus in Frankfurt und Misserfolgen der Männer-Nationalmannschaft, der Cashcow.

Nun soll es sogar einen Finanzpuffer im Verband geben. Zuletzt hatte der DFB weit über seine Verhältnisse gelebt, das Minus lag bei 19 Millionen Euro. „Wir haben es aus eigener Kraft geschafft, das strukturelle Defizit zu beseitigen“, sagt DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Dies sei ein „Kraftakt“ gewesen. Mit Kraftakten kennen sich auch die Männer auf dem Feld aus, allen voran Niclas Füllkrug, der der Sehnsucht der Deutschen nach einem wuchtigen Stürmer Substrat gibt. Viele im Land wünschen sich einen „Brecher“ im Strafraum – und nicht den papiernen Kai Havertz, der bisher die Nummer 1 im Sturm war.

Nagelsmann setzt im Angriff auf qualitativ hochwertigen Kombinationsfußball mit Dribbling-Einlagen. Egal, wer wo steht, Füllkrug hat eine Mitteilung an Fußball-Deutschland zu machen: „Ich appelliere an die Fans, dass es weiter so schön wird. Es fühlt sich so ein bisschen sommermärchenmäßig an.“ War er in Katar noch ein eher demütiger Beobachter der für ihn neuen Vorgänge im DFB-Tross, so ist er jetzt ganz und gar angekommen, und deswegen weiß er auch, dass der Ausfall des gelbgesperrten Jonathan Tah in der zentralen Defensive kein Problem ist: „Schlotti war einer der besten Verteidiger in der vergangenen Champions-League-Saison. Bei Schlotti mach ich mir überhaupt keine Sorgen.“

Keine Brände zu löschen

Sein Dortmunder Vereinskollege Nico Schlotterbeck wird für Tah einspringen, was gemischte Gefühle evoziert: Die einen denken an seine Patzer im Dress des Nationalteams, die anderen an eine doch solide Saison im gelben Leibchen. Der krasse Fehler im Japan-Spiel verfolge ihn aber nicht mehr, schon eher Journalisten, die immer noch danach fragen, sagte Schlotterbeck. Rudi Völler sieht die Sache wie Füllkrug, und an der Einschätzung ändert sich auch dann nichts, wenn zusätzlich der leicht verletzte Antonio Rüdiger am Samstag passen müsste: „Der Teamspirit ist dann wichtig, wenn wichtige Spieler ausfallen. Wir haben überhaupt keine negativen Gedanken, dass das nicht gutgehen könnte“, sagt Sportdirektor Rudi Völler, der schon alles Mögliche im DFB war: Spieler, Trainer, Teamchef.

Jetzt sagt er, sei er „mehr so im Hintergrund“. Das ist ein gutes Zeichen für die DFB-Elf, denn in vorderster Linie wäre er nur, „wenn ich das Gefühl habe, irgendwelche Brände zu löschen“. Als Wehrführer ist Völler derzeit nicht gefragt, denn der Plan ist aufgegangen: „Diese Euphorie, die ja mittlerweile bei Alt und Jung da ist, trägt uns. Wir haben es geschafft, die Leute auf unsere Seite zu kriegen.“

Das Konzept von Nagelsmann, den Spielern einzureden, Druck, der auf ihnen lastet, sei ein Privileg, funktioniert. So hat er aus einem belastenden ein befreiendes Element gestaltet. Kurzum: „Julian Nagelsmann hat der Mannschaft diesen ex­tremen Druck genommen.“

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