Pride in Bangkok: Ein rosa Gorilla und viel „Sanuk“

Zur Pride-Parade in Bangkok kam dieses Jahr auch der Premierminister. Und bald schon dürfte Thailand das dritte asiatische Land mit Homoehe sein.

Tausende nehmen an der Pride-Parade in Bangkok teil.

Das Verständnis der Thailänder für LGBTQ wächst Foto: Chalinee Thirasupa/reuters

Die thailändische Hauptstadt feiert den Pride Month, den Monat des Stolzes. Die großen und luxuriösen Shopping Malls sind je nach Betrachter ein Traum oder Albtraum in Regenbogenfarben. Die Säulen des schicken Einkaufszentrums EM Quartier zieren blinkende LED-Regenbogen. Nicht weit entfernt, in der luxu­riö­sen EmSphere Mall, prangt an der Fassade ein gigantischer, die Regenbogenfahne schwingender Gorilla. Was King Kong mit Gay Pride zu tun hat, erschließt sich nicht. Aber immerhin: Er ist quietschrosa.

Die Teletubbies vor dem Siam Paragon haben nicht einmal mehr einen farblichen Bezug zu einer der LGBTQ-Communitys. Sie stehen zwischen Palmen entlang einer breiten Regenbogentreppe, die zu einem gigantischen Regenbogen im Foyer führt. Kinder lassen sich begeistert mit den Teletubbies fotografieren, während Papa oder Mama nach den Kids-Teletubbie-Selfies noch schnell einen Schnappschuss von der Regenbogenpracht macht.

Ein arabischer Tourist schaut etwas verwundert auf die Regen­bogen­opulenz. „So etwas“, sagt er, „wäre bei uns nicht möglich.“ Es ist nicht ganz klar, ob er darüber froh ist oder es bedauert. Parnthum Nakabutara hingegen freut sich sichtlich über die Regenbogen. „Ich finde es toll, dass wir Pride feiern. So weit ich sehe, wächst und erweitert sich das Verständnis der Thailänder für LGBTQ. Das ist eine wunderbare Sache“, sagt der schwule Mann.

Mookdapa Yangyuenpradorn steht der Regenbogenisierung der Konsumpaläste in Bangkok kritisch gegenüber. „Viele in der Community sind frustriert und verärgert über die Kommerzialisierung der Pride“, sagt die Aktivistin, die sich als queere Frau versteht. Die Zusammenarbeit mit den Betreibern der Shopping Malls habe Bangkok Pride als Organisatorin des Pride-Monats zu verantworten. Die Malls, erklärt Mookdapa verärgert, seien eigentlich nur Sponsoren, würden sich nun aber selbst als Co-Veranstalter präsentieren.

Die Homoehe kommt

Der Pride-Monat ist natürlich mehr als Einkaufstempel in Regenbogenfarben. Am 1. Juni zog eine Parade mit zehntausenden Teil­neh­me­r:in­nen durch Bangkok – natürlich mit der bei so ziemlich allen Prides der Welt obligatorischen Riesenregenbogenfahne. Das Etikett „historisch“ verdiente sich die Parade in Bangkok durch die Präsenz von Srettha Thavisin, der sich als erster Premierminister Thailands die Ehre bei einer Gay Pride gab. Srettha trug ein kariertes Hemd, das je nach Betrachter als farbenfroh oder als regenbogenfarben gesehen werden konnte.

Eindeutiger sind die Regenbogenabzeichen, die von vielen Angestellten in den Malls getragen werden – getragen werden müssen, muss man sagen. „Das sind Anweisungen der Inhaber, die man besser befolgt“, weiß Mookdapa.

Die Kell­ne­r:in­nen in einem Café in der Mall Park Silom tragen Regenbogenschärpen. Eine, die sich nur als Kanita vorstellt, findet das nicht schlimm. Das sei nur Sanuk, sagt sie. Das heißt so viel wie Spaß oder Freude, was allerdings nur eine unzulängliche Übersetzung ist. Sanuk ist das vielleicht wichtigste Lebensprinzip der Thais: Das Leben findet im Hier und Jetzt statt, nicht morgen oder gestern, und deshalb muss man immer und sofort Spaß haben. So ist für viele Thai­län­de­r:in­nen das Tragen eines Regenbogenabzeichens genauso Sanuk wie Rentiergeweihe, Nikolausmützen oder Kätzchenohren zur Weihnachtszeit.

Gegenüber dem Park Silom tobt das LGBTQ-Nachtleben ohne Regenbogen-Overkill. Wo Regenbogen lebt, muss man nicht extra Flagge zeigen. Dafür herrscht bei Cocktails, Musik und opulenten Dragshows um so mehr Sanuk. Denn Thailands Schwule und Lesben haben allen Grund zum Feiern: Aller Voraussicht nach wird noch im Juni nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat sein Ja-Wort zur Homoehe geben. Thailand wird nach Taiwan und Nepal das dritte asiatische Land sein, in dem gleichgeschlechtliche Paare heiraten können. Wenn das kein Grund für Sanuk und Pride ist.

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