AfD-Parteitag in Essen: Mit Tanz und Kreide gegen die AfD

Bis zu 100.000 Menschen könnten gegen den AfD-Parteitag Ende Juni protestieren. Der Essener Stadtrat hatte versucht, diesen zu verhindern – ohne Erfolg.

Aufkleber auf einem Laternenmast vor der Grugahalle in Essen

Die Demo-Veranstalter:innen hoffen auf den „größten politischen Protest, den Essen bisher gesehen hat“ Foto: Kerstin Kokoska/Funke Foto Services/imago

BOCHUM taz | In der ganzen Bundesrepublik läuft die Mobilisierung gegen den Bundesparteitag, den die vom Oberverwaltungsgericht Münster als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte AfD Ende Juni in Essen abhalten will. „Wir rechnen mit 70.000 bis 100.000 Menschen, die in Essen gegen die AfD demonstrieren werden“, sagt Katharina Schwabedissen, Sprecherin der Initiative „Widersetzen“, in der sich rund 170 Einzelpersonen und Ver­tre­te­r:in­nen verschiedenster Organisationen, Gewerkschaften und antifaschistischer Regionalbündnisse zusammengefunden haben.

Auch das Bündnis „Essen stellt sich quer“, das zusammen mit dem Bund der An­ti­fa­schis­t:in­nen und der Initiative „Aufstehen gegen Rassismus“ die Kampagne „Gemeinsam laut“ trägt, erwartet den „größten politischen Protest, den Essen bisher gesehen hat“. Zur Teilnahme daran ruft auch die von Essens CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen unterstützte „Allianz für Weltoffenheit und Toleranz“ auf.

Dass die AfD die Essener Grugahalle tatsächlich am 29. und am 30. Juni nutzen, und sich damit auf die bundesweit wichtigen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg vorbereiten kann, war erst am Freitag klar geworden. Die extrem Rechten dürften nicht anders behandelt werden als andere Parteien, entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen – und kippte damit den Versuch des Essener Stadtrats, den Parteitag doch noch zu verhindern. Tatsächlich haben in der Halle bisher nicht nur SPD, CDU und FDP getagt – auch die AfD selbst hat dort 2015 bereits einen Bundesparteitag abgehalten.

„AfD ist eine reaktionäre Partei“

Fraglich ist aber, wie viele ihrer Delegierten den Veranstaltungsort tatsächlich erreichen. Denn insbesondere die Initiative „Widersetzen“ hat das Ziel, den Bundesparteitag der extrem Rechten ausdrücklich „verhindern“ zu wollen. Klar sei dabei, dass von den Protestierenden „keine Gewalt und keine Eskalation“ ausgehen werde – stattdessen rufe die Initiative zu kreativen Aktionen auf: „Die Leute können tanzen, Musik machen, die Straße mit Kreide bemalen. Vielleicht kommen auch Clowns“, sagt Widersetzen-Sprecherin Schwabedissen. Ziel bleibe allerdings, „so viele Menschen zu mobilisieren, dass der AfD-Parteitag verhindert wird“.

Nicht erst seit den vom Thüringer AfD-Chef Björn Höcke skandierten SA-Parolen, den im Januar bekannt gewordenen rechten Plänen für Massendeportationen von Menschen mit Migrationshintergrund, bei denen auch AfD-Politiker involviert waren, und der SS-Verharmlosung durch den Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah sei klar: „Die AfD ist eine reaktionäre Partei mit einem wachsenden faschistischen Kern“, sagt Schwabedissen. Allein schon deren Versuch, ihren Parteitag in einer seit Jahrhunderten von Ein­wan­de­r:in­nen geprägten Region wie dem Ruhrgebiet abzuhalten, sei „unerträglich“.

Beginnen werden die Proteste bereits am Vortag des AfD-Parteitags. Am Essener Hauptbahnhof wird schon am Freitagabend um 19 Uhr eine Rave-Demo mit dem Claim „Bass gegen Hass“ starten, danach kann in anti­rassistischen Clubs getanzt werden. Am Samstag demonstriert „Widersetzen“ ab 6 Uhr morgens vor der Grugahalle und „Gemeinsam laut“ auf der dorthin führenden zentralen Alfredstraße. Um 10 Uhr folgt eine Großdemo mit dem Motto „Gesicht zeigen gegen Hass und Hetze“ am Hauptbahnhof.

Auf dem Messeparkplatz P2 gibt es dann ab 13 Uhr einen „Markt der Möglichkeiten“ mit den Themenfeldern „Gesellschaftliche Teilhabe, Arbeit und Wirtschaftswelt, Soziale Gerechtigkeit, Journalismus, Kunst und Kultur sowie Antisemitismus und Rassismus“.

Ab 17 Uhr folgen Konzerte, etwa mit der Essener Dancehall-Band Banda Senderos und dem Hamburger Singer-Songwriter Marlo Grosshardt. Enden wird der Widerstand gegen die extrem Rechten erst am Sonntagmorgen: Ab 9 Uhr wird eine Mahnwache vor der Grugahalle die Delegierten der AfD noch einmal an die Massenproteste erinnern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben