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Energiewende in Schleswig-HolsteinMehr Windkraft ist möglich

Schleswig-Holstein will die Fläche für Windkraft vergrößern und das erste energieneutrale Industrieland werden. Kommunen kriegen mehr Mitspracherecht.

Windpark bei Bordelum: In Schleswig-Holstein sollen sich bald noch mehr Windräder drehen Foto: Christian Charisius/dpaChristian Charisius

Rensdburg taz | „Wir eröffnen die zweite Halbzeit bei der Energiewende“, freute sich Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) am Donnerstag in Kiel. Gemeinsam mit Kabinettskollegin Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) stellte er den Entwurf eines neuen Landesentwicklungsplans vor, der den Ausbau der Windkraft regeln soll. Denkbar wäre, dass sieben Prozent des Landes für Windräder geöffnet werden, wenn die Kommunen das wollen. Die Regierung plant allerdings eher mit drei statt wie bisher zwei Prozent.

Nötig wird der neue Landesentwicklungsplan, weil Gerichte frühere Pläne in mehreren Regionen des Landes gekippt hatten. Lob für den neuen Entwurf kommt vom Windkraftverband. Die oppositionelle SPD sieht „Licht und Schatten“.

Schleswig-Holstein will das erste energieneutrale Industrieland werden, hat sich die schwarz-grüne Koalition vorgenommen – das geht nur mit einem weiteren Ausbau der Windkraft. Auch der Bund schreibt vor, dass Länder zwei Prozent ihrer Landesfläche für den Bau von Windmühlen vorsehen.

„Das fanden wir nicht schlimm, denn es deckt sich mit unseren Plänen“, sagte Sütterlin-Waack, deren Haus für die Genehmigung neuer Windmühlen und die Rahmenplanung zuständig ist. Das Land begrüße alle Bestrebungen, den Ausbau voranzutreiben. Allerdings wünscht sich die Regierung auch eine Planung, um Rotoren möglichst zu bündeln. „Das ist wichtig, um die hohe Akzeptanz im Land zu erhalten“, so Sütterlin-Waack.

Einwände gegen den Plan der Regierung

Ohne eine gültige Landesplanung dürfen Gemeinden selbst Flächen für die Windkraft ausweisen. Fünf Anträge lägen bereits vor, heißt es aus dem Innenministerium. Weitere könnten nun folgen. Das Land wolle im Herbst mit der Regionalplanung beginnen. Ein Risiko, denn vermutlich wird es Einwände gegen den Landesplan geben, der nachgebessert werden müsse. „Aber das ist einberechnet“, so die Ministerin. Selbst im besten Fall wird es bis Anfang 2025 dauern, bis der Plan beschlossen ist.

Dennoch spricht Umweltminister Goldschmidt von „richtig gute Nachrichten für die Windbranche“, die nun mit Gewissheit planen können. Rund 3.300 Anlagen stehen in Schleswig-Holstein, deren Stromproduktion nahe bei 1.000 Megawatt im Jahr liegt. Allein 2023 seien neue Anlagen mit einem Investitionsvolumen von knapp einer Milliarde Euro entstanden, schwärmte Goldschmidt.

Um mehr Flächen für Windanlagen zu erhalten, hat das Land einige Richtlinien geändert. So darf näher an Straßen und Leitungen, aber auch an Wäldern und Deichen gebaut werden. Aber Goldschmidt wies auch darauf hin, dass die Vogelfluglinien, denen Tausende Tiere auf ihrem Weg in die Brutgebiete folgen, ebenso frei bleiben wie Regionen, in denen Wiesenvögel nisten. Das betrifft etwa die Halbinsel Eiderstedt.

Zweifel äußert Marc Timm, energiepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. So würden die Spielräume von Gemeinden eingeschränkt, die außerhalb der Potenzialflächen liegen. Zudem seien einige Kriterien, mit denen das Land den Bau von Anlagen ausschließt, nicht rechtssicher. Vor allem aber herrsche weiter ein rechtliches „Vakuum“, bis auch die Regionalpläne in Kraft treten.

Immerhin gebe es „durch den Entwurf einen ersten Eindruck von den verfügbaren Potenzial­flächen“, sagte Markus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes für erneuerbare Energie. „Die Landesregierung hat einen wichtigen Schritt getan, um die Regionalplanung Wind noch vor 2027 fertigzustellen. Dafür muss das Land das Tempo jetzt weiter hochhalten und zügig die neuen Regionalpläne fertigstellen. Denn ein Großteil der bislang ausgewiesenen Flächen ist bereits bebaut oder beplant.“

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1 Kommentar

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  • S-H ein Industrieland? habe ich irgendwas verpasst? Und wie soll denn ein Land energieneutral sein wenn der Wind nicht weht,, und es keine Speichertechnologie gibt? Das ist doch das alte Problem. Der Spitzenstrom aus Wind und Sonne muss für negative Preise "verkauft" werden, und dann muss Strom teuer zugekauft werden wenn der Wind nicht weht. Als "sozusagen energieneutral" könne man ein Land ansehen wenn der zugekaufte Strom durch den Export monetär abgedeckt wird, das wird aber nicht der Fall sein. Eine Mogelpapackiung. Und, je mehr Windstrom wir jaben desto mehr muss für negative Preise abgegeben werden.