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Die neue Rock-Partei

Qualitätsradio aus Mitteldeutschland (2): Rockland aus Magdeburg ist Jugendprogramm ohne Krampf

Auf den ersten Blick scheint es nicht mehr als eine branchenübliche PR-Aktion zu sein: Der private Radiosender Rockland aus Magdeburg verkauft seit ein paar Tagen seinen Hörern in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, dass einer der Moderatoren in den Bundestagswahlkampf ziehen wird. Für wirkliche Unruhe soll Carsten Rochow, der wohl erste Nasen-Piercing-Kanzler-Kandidat, in der deutschen Machtzentrale aber nicht sorgen. „Wir wollen mit der Gründung unserer Rockland-Partei und Carstens Kandidatur vielmehr das harte Thema zu unseren Hörern tragen, um auf der Grundlage mittelfristig inhaltlich arbeiten zu können“, erklärt Senderchef Stephan Michme.

Im Programm funktioniert das dann etwa so: Der Möchtegern-Kanzler Rochow interviewt an einer Bushaltestelle auf das Lockerste ein paar Jugendliche. Alle finden sie die für den Herbst angekündigten Bundestagswahlen wahnsinnig toll. „Begründen konnte dies aber keiner“, erzählt Michme, der nicht nur von seinen Hörern, sondern auch vom privaten Hörfunk mehr erwartet.

Der Musiker, der in den frühen 90er-Jahren mit der Band Scycs und dem Song „Next November“ in die Charts stürmte, mittlerweile als Produzent, MTV-Mitarbeiter, Fritz-Moderator und eben auch Rockland-Macher arbeitet, glaubt an Formatradio. Und an Gruppen wie Kettcar, Placebo oder Blackmail, die in Radio-Deutschland im Tagesprogramm gemeinhin als unspielbar galten.

Exotische Ansichten im privaten Hörfunksektor, der bundesweit seit Jahren von äußerlich wie innerlich absolut austauschbaren Hitfrequenzen dominiert wird. „Klar könnten wir unseren erreichbaren Marktanteil von etwa 8 Prozent locker verdoppeln, wenn wir uns als Hitradio verkaufen würden. Aber wir wollen den schweren Weg gehen: zum einen gutes Radio machen und zum anderen dabei wirtschaftlich sein“, sagt Michme.

Der Muttersender Radio SAW, der mit seinem Hitprogramm unangefochtener Marktführer in Sachsen-Anhalt ist, gibt Michme und seiner kleinen Radiorevolution, die vor einem halben Jahr als Relaunch der bis dahin in Mitteldeutschland mäßig etablierten Classic-Rock-Station begann, noch Zeit bis Ende 2006. Dann müsse Rockland, dessen Programm im Moment in der Durchschnittsstunde etwa 20.000 Hörer einschalten, von allein in der Lage sein, ausreichend Werbung zu akquirieren.

„Ich glaube daran“, sagt Michme. Ohne wirklich sicher zu sein, ob sein konzeptioneller Mix aus anspruchsvoller Unterhaltung, einem innovativen wie alternativen Musik-Repertoire und einer unverkrampften Ansprache tatsächlich massenkompatibel und damit werbeträchtig sein kann. MATTHIAS LIEBING

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