Landeszentrale für politische Bildung: Im Osten mal was tolles Neues
Am Zoo-Standort erreichte die Landeszentrale für politische Bildung hauptsächlich Westberliner. Ein zweiter Standort am Ostkreuz soll das ändern.
Doch diese Entwicklung ist ausnahmsweise positiv zu betrachten. Denn mit der Eröffnung eines weiteren Standorts der Landeszentrale am Ostkreuz sind politische Bildungsangebote nicht mehr nur für Wessis gut zu erreichen. Bislang war der einzige Standort der Institution, die Räume für politischen Austausch schafft, im Amerika-Haus am Bahnhof Zoo. Dort können Berliner*innen Vorträge, Workshops und Ausstellungen besuchen. Es sind Sachbücher zu Themen wie der deutschen Geschichte, Migration oder Europa erhältlich.
„70 Prozent der Nutzer sind Schüler, Studierende und Empfänger von Sozialhilfeleistungen“, sagt Thomas Gill, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, am Montagmorgen. Für sie ist das Angebot kostenlos. Mit der neuen Einrichtung soll eine weitere Zielgruppe erschlossen werden: die Ostberliner*innen. Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 ergab, dass die 30.000 jährlichen Besucher*innen des Amerika-Hauses hauptsächlich aus den westlichen Bezirken kommen. Die östlichen Randbezirke erreiche man an dem Standort nicht, sagt Gill. Kommen die Ossis nicht zu den Büchern, kommen die Bücher halt zu den Ossis, so die Schlussfolgerung.
„Eine Schande“
Die Rückmeldungen zur bevorstehenden Eröffnung seien positiv ausgefallen, erzählt Gill. Diesem Anschein widerspricht der Blick in den Raum: Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Mitarbeiter*innen der Landeszentrale stehen im Besuchszentrum wie bestellt und nicht abgeholt. Außer der taz erscheint am Montagvormittag keine*r zur Pressekonferenz. „Eine Schande“, findet die Bildungssenatorin. Tatsächlich eine Schande, denn das Angebot der Landeszentrale ist grandios und angesichts von Rechtsruck, Politikverdrossenheit und Desinformationskampagnen wichtiger denn je.
Am neuen Standort an der Revaler Straße sollen besonders Fragen im Mittelpunkt stehen, die im Ostteil der Stadt eine große Rolle spielen. Was der Bedarf ist, soll in den nächsten Monaten eruiert werden. Ein Schwerpunktthema ist die Infrastruktur der äußeren Ostbezirke und die Ostgeschichte sowie die Auseinandersetzung mit Social Media.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Eröffnungsfeier am heutigen Dienstag besser besucht ist. Ab 15.30 Uhr gibt es Vorträge, unter anderem über das Wählen ab 16 sowie die Frage, was den Ostteil der Stadt bewegt. Ab dem 11. Juni ist das Besuchszentrum für alle geöffnet. Und an alle Wessis: Auch ihr dürft euch mal hierher in den chicen Osten verirren.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!