Europawahl am 9. Juni: Warm-up für die nächsten Wahlen

Auch beim kleinen Landesparteitag der Grünen bordet das Interesse an der EU-Wahl nicht über. Dabei schneiden die bei dieser Wahl oft besonders gut ab.

Das Foto zeigt ein Europawahlplakat der Grünen mit Robert Habeck neben Plakaten von SPD und CDU.

Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wirbt großformatig neben Plakaten von SPD und CDU für die Europawahl am 9. Juni Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Es ist der Tag, an dem ein grüner Bundesminister sich positiv zum Werbevertrag zwischen einem Waffenhersteller und einem Fußball-Bundesligisten auslässt und Zurückhaltung im öffentlichen Umgang mit der Rüstungsbranche als „nicht mehr haltbar und richtig“ bezeichnet. Berlins führende Grüne sitzen an diesem Mittwochabend in einem Friedrichshainer Dachgeschoss zu einem kleinen Parteitag zusammen. Champions-League-Finalist Borussia Dortmund, zu dessen neuem Sponsor Rheinmetall Robert Habeck sich ­mittags äußerte, spielt hier zwar keine Rolle. Aber der Krieg in der Ukraine ist auch Teil der Debatte um die nahende Europawahl am 9. Juni, um die es an diesem Abend hauptsächlich geht.

Auch Erik Marquardt, der 2019 ins Europaparlament gekommene langjährige Flüchtlingsaktivist, stellt sich nicht ans Rednerpult, um Waffeneinsatz oder -hersteller zu verdammen. Grund für die Lieferungen sei „nicht weil wir Panzer so mögen“, sondern weil Russland die Ukraine angegriffen habe und versuche, die Weltordnung zu ändern. Frieden und Freiheit aber sind für Marquardt Werte, für die gerade die Europäische Union steht. „Die Grünen müssen auch klar machen, dass Europa auch einen Wert hat, den man nicht stets im Alltag sieht“, sagt Marquardt. Das sei „unsere Aufgabe als Europa-Partei“.

Die Wahl am 9. Juni, der europäische Gedanke, die EU und ihre Vorläufer als bald 70 Jahre altes Friedensprojekt: All das eint die Delegierten einer Partei, die sich noch dreieinhalb Wochen zuvor bei einem größeren Parteitag zeitweise gezofft hat. Aber da ging es ja auch um das Thema Vergesellschaftung, bei dem tiefe Gräben zwischen dem dominierenden linken Parteiflügel und Teilen des Realo-Lagers verlaufen.

Die Grünen schneiden bei der Wahl zum Europaparlament regelmäßig weit besser ab als auf Bundes- oder Landesebene. 2019 holten sie in Berlin fast so viele Stimmen wie SPD und CDU zusammen und kamen auf 27,8 (!) Prozent. Auch bundesweit waren es nie zuvor erlebte 20,5 Prozent. Die jüngsten Umfragen sehen sie deutschlandweit zwischen 13 und 15 Prozent, was immer noch über allen früheren Ergebnissen liegt.

Noch Stühle frei im Tagungssaal

Allerdings ist es selbst bei diesen traditionell Europa-nahen Grünen nicht so, dass ihr Tagungsort von Delegierten und Gästen überlaufen würde. In dem Dachgeschoss in Friedrichshain bleibt vielmehr gut jeder vierte Stuhl frei. Darauf kommt auch Bettina Jarasch zu sprechen, die Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus – und findet das gar nicht so schlimm. Denn für sie heißt das, dass die Abwesenden gerade Wahlkampf für die Grünen machen. Einstimmig votieren die Delegierten für einen Antrag, der zu dem Fazit kommt „Ein starkes und geeintes Europa bietet die beste Garantie für Frieden, Freiheit, Wohlstand und Sicherheit für alle Menschen.“

Die Wahl am 9. Juni lässt sich als Warm-up für die nächsten beiden Jahre werten. 2025 steht die Bundestagswahl an. Die im Dezember erneut ins Amt gekommene Landesvorsitzende und ­vormalige Bundestagsabgeordnete Nina Stahr sagte der taz schon im März, dass sie gern nochmals fürs Bundesparlament kandidieren möchte. 2026 folgt in Berlin die Abgeordnetenhauswahl.

Landespolitisch machen die Grünen den Eindruck, dass sie bis dahin Schwarz-Rot aussitzen wollen. Für 2026 aber soll alles offen sein. Angesichts des SPD internen Führungskonflikts ist es zumindest unsicher, dass sich die CDU nach 2026 weiter Schwarz-Rot antut. Zumal ja über allem unwidersprochen steht, was CDU- und Regierungschef Kai Wegner der taz über Schwarz-Grün gesagt hatte: „Meine Traumkoalition.“

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