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Der Wochenendkrimi von Christian BussHalbgötter in Blau

Der eine lässt Druck ab, der andere knipst sein Bewusstsein aus, ein weiterer dimmt seinen Hass und seinen Ekel auf ein erträgliches Maß herunter. Es gibt ja viele gute Gründe, zur Flasche zu greifen. In dieser „Tatort“-Episode vom WDR werden sie alle ohne allzu viel sozialpädagogisch bemühtes Bohei ausgebreitet.

Hauptkommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) sieht man gleich am Anfang verkatert in seinem achtlos am Straßenrand geparkten Auto schnarchen. An der Grenze zum Koma befindet sich auch der junge Jonas (Vincent Redetzki), der unten im Jugendzimmer liegt, während oben die Polizei den Raum besichtigt, in dem seine erstochene Mutter und sein schwerverletzter Vater (Roeland Wiesnekker) gefunden worden sind. Der Alte, Starchirurg in einer Privatklinik, kehrt nach kurzem Krankenhausaufenthalt schon bald nach Hause zurück. Der erste Griff geht zur Flasche, zu Opernarien gibt er sich die Kante.

Regisseurin Maris Pfeiffer, die im letzten Jahr schon mit dem Pädophilen-„Tatort“ „Verdammt“ für Furore sorgte, hat einen starken Psychokrimi darüber gedreht, wie oft Kontrollwahn und Kontrollverlust dicht beieinander liegen. Das Buch von Jürgen Werner ist zwar schmucklos gestrickt – so gibt es bei der Jagd nach dem Mörder natürlich den unvermeidlichen Ärztepfusch-Subplot.

Dafür findet der Kamera-Sensibilist Benedict Neuenfels mit seinen mal statischen und mal verflüssigten Bildern eine starke Metaphorik für den mit dem Alkohol forcierten Druckaufbau und Druckabbau.

Und der Schweizer Wiesnekker, der 2004 mit seinem versoffen wütenden Haudrauf-Cop „Strähl“ wie eine Bombe in den deutschsprachigen Krimi-Raum einschlug, gibt auf beängstigend stille Weise den Präzisionsarbeiter, der sich so penibel mit Brandy und Wodka abfüllt, wie er seine Stiche während einer Operation setzt: Er und Alkoholiker? Zum Gegenbeweis hält er den Kommissaren Ballauf und Schenk seine Hände unter die Nase. Wie ruhig die sind! Zur Belohnung schenkt er sich doch gleich einen extra großen Brandy ein.

„Tatort: Mit ruhiger Hand“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

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