BERNHARD CLASEN ÜBER DIE ZUNEHMENDE GEWALT IM NORDKAUKASUS: Bürgerrechtler in Gefahr
Täglich gibt es neue Meldungen über blutige Ereignisse im Nordkaukasus. Zuletzt wurde am Freitag in Dagestan ein Brandanschlag auf das Büro der NGO „Mütter Dagestans für Menschenrechte“ verübt. Fünf Tage zuvor kamen bei einem Anschlag auf ein Milizgebäude in Inguschetien 24 Menschen ums Leben.
Doch in allen Republiken des Nordkaukasus wachsen auch zarte Pflänzchen von MenschenrechtlerInnen, Frauengruppen und unabhängigen Journalisten, die für die Opfer der Gewalt Position beziehen. Eine von ihnen ist Rosa Malsagowa. Als Chefredakteurin des oppositionellen Internetportals ingushetia.org hatte sie sich bei den Behörden immer wieder unbeliebt gemacht; schließlich musste sie nach Frankreich fliehen. Der Betreiber von ingushetia.org, Magomed Jewlojew, war im letzten Jahr in Polizeigewahrsam erschossen worden. Nun wird auch Malsagowa bedroht. Islamistische Aufständische kündigten ein „Scharia-Gericht“ an, warnten, auch in Frankreich könne man sie finden. Nach der Morddrohung aus den Kreisen der bewaffneten Opposition legte die Chefredakteurin resigniert ihr Amt nieder.
Jahrelang haben sich Natalja Estemirowa von Memorial und die Chefin eines Kinderhilfswerks, Sarema Sadulajewa, in Tschetschenien für die Opfer der Gewalt eingesetzt. Estemirowa und Sadulajewa wurden kürzlich ermordet, resigniert hat sich die Menschenrechtsorganisation Memorial aus Tschetschenien zurückgezogen.
Seit mehr als zwei Jahren kämpfen „Die Mütter Dagestans“ für Verschleppte. Der gestrige Brandanschlag hat sie nicht nur in materieller Hinsicht zurückgeworfen. Es wäre ein schönes Zeichen, wenn Angela Merkel bei ihrem nächsten Besuch im nordkaukasischen Sotschi Menschenrechtlerinnen aus Inguschetien, Tschetschenien und Dagestan zu einem Gespräch einladen würde.
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