DFB-Fußballerinnen im Spielstress: Vorbereitung im Urlaub

Auf die DFB-Frauen wartet mit EM-Qualifikation und Olympia erneut ein stressiger Sommer. Klubvertreter besorgt die Dauerbelastung.

Alexandra Popp im Vierfüßlerstand auf dem Rasen

Ein Schlauch: Pausen sind im Spielplan auch für Alexandra Popp kaum vorgesehen Foto: imago

Horst Hrubesch gibt sich keinen Illusionen mehr hin, dass ihm das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Ende seiner Trainerkarriere noch einen Herzenswunsch erfüllt. Die Mühlen dieser Organisation seien „zu langatmig“, alles würde „ein, zwei Jahre“ dauern, bis sich etwas zum Wohle der Sportler und Sportlerinnen verändere. Ergo geht der Interimstrainer der DFB-Frauen davon aus, dass erneut nur 16 Feldspielerinnen und zwei Torhüterinnen für das Olympische Fußballturnier nominiert werden dürfen, obwohl bei EM und WM mittlerweile 23 oder 26 Akteure erlaubt sind.

Neben dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) hatten sich auch andere Nationen um eine Anpassung bemüht. Vergeblich. „Das ärgert mich wegen der Belastung“, sagte Hrubesch in einer Medienrunde am Mittwoch. Denn auch bei den Frauen führt der gedrängte Spiel­kalender gerade diesen Sommer zu einer grenzwertigen Terminhatz, die insbesondere den europäischen Topspielerinnen kaum noch Luft zum Atmen lässt.

Für die anstehenden EM-Qualifikationsspiele gegen Polen – erst in Rostock am 31. Mai (20.30 Uhr/ZDF), dann in Gdynia am 4. Juni (18 Uhr/ARD) – plant Hrubesch fest mit zwei Siegen, „damit wir uns gezielt auf Olympia vorbereiten können“. Als Gruppenerster oder -zweiter wäre Deutschland direkt für die EM 2025 in der Schweiz qualifiziert und könnte in den Partien gegen Island und Österreich im Juli ein bisschen testen. Zuvor kommen seine Nationalspielerinnen aus dem Urlaub, beginnen in den Vereinen die Vorbereitung, um gleich wieder für die DFB-Auswahl abgestellt zu werden.

Bei Olympia warten im besten Fall sechs Begegnungen, wenn der Traum von einer Medaille in Erfüllung gehen soll. So attraktiv der südfranzösische Spielort Marseille für die ersten Gruppenspiele gegen den WM-Vierten Australien (25. Juli) und Rekordweltmeister USA (28. Juli) auch ist: Die enge Taktung und die erwartete Sommerhitze treibt Vereinsvertretern schon heute Angstschweiß auf die Stirn. Ralf Kellermann, Sportdirektor Frauen beim VfL Wolfsburg nannte es kürzlich „gesundheitsgefährdend, wenn das so durchgezogen wird“. Alle drei Tage eine Partie „bei 40 Grad im Schatten“ zu bestreiten, „das ist schon heftig“.

Verzicht auf Sonderlehrgang

Der Vizemeister ist besonders betroffen, denn Torhüterin Merle Frohms, Kathrin Hendrich, Marina Hegering, Jule Brand und Alexandra Popp gelten als sichere Olympia-­Fahrerinnen, Chancen haben auch Vivien Endemann oder Neuzugang Janina Minge vom SC Freiburg.

Hrubesch kann solche Bedenken verstehen. „Ich weiß, dass es ein Spagat und nicht ganz einfach ist.“ Man habe sich mit den Klubs getroffen, um einen peinlichen Abstellungsstreit wie vor der WM 2023 in Australien – der FC Bayern gab damals seine Nationalspielerinnen erst verspätet frei – zu vermeiden.

Der von Vereinen und Verband jetzt beschlossene Sommerfahrplan sieht vor, dass die Spielerinnen „nach bestem Wissen und Gewissen be- und entlastet werden“, erklärte DFB-Sportdirektorin Nia Künzer. Hrubesch verzichtet auf einen angedachten Sonderlehrgang und setzt darauf, dass individuelle Fitnesspläne abgearbeitet werden. „Es ist am einfachsten, wenn du die Mädels mit in die Verantwortung nimmst. Auf der einen Seite kriegen sie Urlaub, auf der anderen Seite versuchen wir, sie gezielt auf Olympia vorzubereiten.“

Es bleibt eine Gratwanderung: Die EM 2025 in der Schweiz mitgerechnet, werden Leistungsträgerinnen wie Lena Oberdorf binnen vier Jahren vier große Turniere gespielt haben. Mehrere Wochen mal im Sommer richtig abzuschalten war und ist nicht drin. Die jetzt vom VfL Wolfsburg zum FC Bayern wechselnde Mittelfeldspielerin hatte in der Doku „Born for this“ bekundet, zeitweise jeden Antrieb verloren zu haben. Für die Frauen haben die Olympischen Spiele indes einen hohen Stellenwert. „Es hat irgendetwas“, sagte Hrubesch, der 2016 die deutschen Männern ins Olympia-Finale führte. „Ich kann das jedem nur empfehlen.“

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