Parlamentswahlen in Togo: Altes Regime sucht neue Legitimität

Am Montag wählt Togo ein neues Parlament. Eine Verfassungsreform macht aus der Abstimmung einen Vorentscheid, ob der Präsident an der Macht bleibt.

Faure Gnassingbé im Porträt.

Togos Präsident Faure Gnassingbé, hier in Berlin beim „Compact with Africa“-Gipfel, November 2023 Foto: Filip Singer / dpa

BERLIN taz | Es gibt nicht mehr viele Familienherrschaften in Afrika, aber die Herrscherfamilie in Togo sitzt fest im Sattel. Seit fast 60 Jahren regiert in der ehemaligen deutschen Kolonie in Westafrika dieselbe Familie: erst Militärdiktator Gnassingbé Eyadema, der sich 1967 an die Macht putschte, und seit dessen Tod 2005 sein Sohn Faure Gnassingbé. Als dieser sich erstmals bei Präsidentschaftswahlen im Amt bestätigen ließ, gab es nach UN-Angaben bis zu 500 Tote.

Der heute 57-Jährige absolviert aktuell seine vierte gewählte Amtszeit. Am Montag stehen Parlamentswahlen an, und sie sind unüblicherweise ein Schlüsselereignis.

Grund ist eine neue Verfassung, die Togos Parlament am 19. April einstimmig beschloss, ohne öffentliche Erörterung. Sie sieht vor, dass der Staatspräsident zukünftig nicht mehr vom Volk gewählt wird, sondern vom Parlament, und zwar „ohne Debatte“. Er verliert zugleich die meisten Befugnisse zugunsten des Premierministers. Dieser Posten geht automatisch an den Anführer der Mehrheitsfraktion im Parlament.

Togos Opposition wertet das als „Staatsstreich von oben“, der genauso zu verurteilen sei wie die Militärputsche in Burkina Faso, Guinea, Mali, Niger und Tschad. Dreizehn Parteien und zivilgesellschaftliche Gruppen aus Togo haben den Gerichtshof der Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) angerufen in der Hoffnung, dass die Ecowas – die auf andere Putsche mit Sanktionen reagiert hat – Togos neue Verfassung für null und nichtig erklärt.

Häutung vom Staats- zum Regierungschef

Denn mit der neuen Konstruktion könnte Faure Gnassingbé auch dann an der Macht bleiben, wenn er auf eine fünfte Amtszeit als Präsident ab 2025 verzichtet. Er würde stattdessen in seiner derzeitigen und wohl auch zukünftigen Funktion als Vorsitzender der Regierungspartei Premierminister mit allen Vollmachten.

Ob das so kommt, hängt nun also von den Parlamentswahlen ab. Entsprechend aufgeladen ist die Stimmung. Die letzte Parlamentswahl 2018 hatte ein Großteil der Opposition boykottiert. Diesmal aber hat sie zur Wählerregistrierung und Wahlbeteiligung aufgerufen. Die Zahl der registrierten Wählerinnen und Wähler in dem Land mit rund 9 Millionen Einwohnern ist von 3,1 Millionen im Jahr 2018 auf 4,2 Millionen heute gestiegen.

Die Regierung hat zugleich die eigentlich 2023 fällige Wahl immer wieder verschoben – erst auf „das erste Vierteljahr 2024“, dann auf den 12. April, den 20. April und schließlich auf den 29. April. Oppositionsproteste werden regelmäßig verboten. Ein 2020 im Rahmen der Covid-19-Bekämpfung verhängtes komplettes Versammlungsverbot wird bis heute immer wieder angewandt und behindert auch den Wahlkampf insbesondere in der Hauptstadt Lomé, Hochburg der Opposition.

Die Regierung hat außerdem unabhängige Wahlbeobachtung durch die katholische Kirche untersagt und sämtliche Akkreditierungen ausländischer Journalisten für die Wahl annulliert. Am 16. April wurde der drei Tage zuvor für die Wahl eingereiste französische Journalist Thomas Dietrich ausgewiesen; zuvor war er festgenommen, verprügelt, zu einer Geld- und einer Haftstrafe auf Bewährung mit gleichzeitigem Aufenthaltsverbot verurteilt worden.

Deutschland setzt auf Togos Stabilität

Togo gehört zusammen mit den Nachbarn Benin und Ghana sowie der Elfenbeinküste eigentlich zu der Gruppe westafrikanischer Küstenstaaten, auf deren Stabilität Europa setzt, um der Ausbreitung des dschihadistischen Terrors aus der Sahelzone Einhalt zu gebieten – im Norden Togos an der Grenze zu Burkina Faso herrscht bereits Ausnahmezustand, Terrorangriffe forderten dort 2023 rund 30 Tote.

Deutschland kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. Die Zeit, als Bayerns CSU-Ministerpräsident Franz-Josef Strauß kumpelhaft mit Togos Diktator Eyadema Freundschaft zelebrierte – etwa mit dem legendären Trinkspruch „Wir Schwarze müssen zusammenhalten“ bei der 100-Jahres-Feier der deutschen Besatzung Togos 1984 – ist zwar längst vorbei.

Doch Deutschland ist nach eigenen Angaben noch heute Togos größter bilateraler Geldgeber. Im Juni 2023 besuchte Entwicklungsstaatssekretärin Bärbel Kofler das Land eine Woche lang und erklärte: „Togo braucht unsere Unterstützung.“

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