Farbaktion am Brandenburger Tor: Bewährungsstrafen für Aktivisten
Klimaaktivisten besprühten im Spätsommer vergangenen Jahres das Brandenburger Tor mit orangener Farbe. Nun gibt es ein erstes Urteil.
Berlin taz | Sie wollten auf die Klimakrise aufmerksam machen, am Ende ging es um Sandstein. Am Dienstag hat das Amtsgericht Tiergarten das erste Urteil zur Farbaktion der Letzten Generation am Brandenburger Tor im September 2023 gefällt. Regina S. (22), Lennart W. (28) und Winfried L. (64) wurden wegen Sachbeschädigung zu je acht Monaten Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Gemeinsam mit elf weiteren Klimaaktivist*innen hatten die drei Angeklagten das Wahrzeichen mit Farbe aus Feuerlöschern besprüht. Im März war ein erster Strafprozess gegen zwei mutmaßlich Beteiligte gescheitert. Zum Auftakt des aktuellen Verfahrens bekannten sich alle Angeklagten zu ihrer Tat und erklärten ihre Motive.
„Es ist schon ein wenig absurd, dass wir jetzt hier vor Gericht stehen und angeklagt werden, weil wir auf die Grund- und Menschenrechtsverletzungen der Bundesregierung aufmerksam gemacht haben“, erklärte die Medizinstudentin Regina S. mit Farbklecksen auf der Hose. Der Ton: Letzte-Generation-Orange.
Dabei zeigt auch dieser Prozess, dass die Aktivist*innen den Konflikt des zivilen Ungehorsams nicht lösen können: Die Aktion ist interessanter als ihr Motiv. Daher hörten sich etwa 30 Zuschauer*innen und ein Dutzend Pressevertreter*innen Details zu offenporigem Sandstein und wasserunlöslicher Farbe an.
Wandfarbe für Brandenburger Tor
Im Fokus stand, wie die beauftragte Reinigungsfirma die Farbe vom Denkmal entfernte (Wasserdampf und Paste), wie hoch der Graffitischutz an den Säulen ist (2,5 Meter) und welche Art von Farbe die Aktivist*innen benutzen (Wand- und Deckenfarbe, mindere Qualität). In der Hauptverhandlung wurde unter anderem eine Mitarbeiterin einer Restaurierungsfirma vernommen, die sich mit der Instandhaltung des Brandenburger Tors beschäftigt.
Bei der Aktion im Spätsommer war ein Sachschaden von 110.000 Euro entstanden, besonders das Gerüst, das bei der Reinigung verwendet worden war, um an die oberen gefärbten Stellen zu gelangen, habe die Kosten angehoben.
Die Verteidigung zweifelt die Art der Reinigung und die damit verursachten Kosten an. Im noch feuchten Zustand hätte die Reinigungsfirma die Farbe rückstandslos entfernen können, wartete jedoch bis zum folgenden Montag, um eine Hebebühne heranzuschaffen, da am Sonntag keine zur Verfügung gestanden habe. Im getrockneten Zustand war das Entfernen mühsamer und somit auch teurer.
Wiederholte Aktion im November
Ähnliches war nach einer weiteren Aktion im November passiert, als Aktivist*innen zwei Säulen mit Farbe bemalten. Mitarbeitende der Reinigungsfirma waren aufgrund der Farbaktion im September weiterhin vor Ort und konnten die feuchte orange Farbe entfernen.
Das Urteil will die Letzte Generation nicht kommentarlos hinnehmen, sie ruft für Mittwochabend zu einer Solidaritätskundgebung auf und kehrt zum Tatort zurück: dem Brandenburger Tor.
Leser*innenkommentare
EIN MANN
Wer bezahlt eigentlich die 110000 €? Das wäre mal interessant zu erfahren gewesen in dem Artikel.
Und die Argumentation der Verteidigung ist schon sehr lustig. Das wäre spannend, wenn in deren Büros mal einer überall orange Farbe versprühen würde, was dann wohl los wäre.
Papi
@EIN MANN Das orange war ein schönes, starkes Signal für den Klimakollaps, der das Tor in einigen Jahren vermutlich weit mehr beanspruchen wird als die abwaschbare Wandfarbe es könnte. Die Einschusslöcher aus den Weltkriegen wurden ja auch nicht entfernt. Aber wehe es macht eins auf die Untätigkeit der Politik aufmerksam, den Klimakollaps verantwortungsbewusst zu bekämpfen..
O-Weh
@EIN MANN Also mir hat das Tor mit der Farbe besser gefallen. Kann ich jetzt die Reinigungsfirma wegen Sachbeschädigung verklagen?
47351 (Profil gelöscht)
Gast
@O-Weh Nein.