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„Die müssen da weg“

GEBURTSTAGSWUNSCH Lüder von Bentheim ist mit den Rathausfassaden-Feierlichkeiten unzufrieden

Lüder v. Bentheim

■ gestorben 1613, wurde als Steinhauer mit der Gestaltung vieler öffentlicher Bauten beauftragt. Den Herold (Foto) mag er nicht.

taz: Herr von Bentheim, sind Sie froh, dass der Rummel vorbei ist?

Lüder von Bentheim: Welcher Rummel?

Na, der um Ihre Fassade.

Fassade? Hören Sie mir auf mit Fassade. Ein Rathaus ist ein Rathaus ist ein Rathaus. Und da sitzen lauter…

Aber warum sind Sie denn so verärgert? Sie wurden doch gerade groß als Schöpfer der Renaissance-Fassade des Rathauses gefeiert, 400 Jahre Fertigstellung, Festakt, Vortrag, Trallala!

Herolde.

Wie bitte?

Die H-e-r-o-l-d-e. Fürcherlich!

Ach, Sie meinen diese beiden albernen Reiter, die vor der Ostfassade stehen?

Ja! Diese Kostüm-Clowns, diese wilhelminischen Pathos-Poser, diese klapprigen Kitsch-Gestalten. Wissen Sie, was die vor einer Renaissance-Fassade zu suchen haben?

Nein.

Nichts!

Ach so.

Und wissen Sie auch nicht, wie viel Geld der Senat springen ließ, damit sie 2003 dorthin kamen?

Nein.

50.000 Euro!

Oha.

Kann man wohl sagen. Und jetzt müssen die da wieder weg.

Wohin denn?

Von mir aus 50 Meter weiter, vor das Neue Rathaus. Das hat eh nur der Seidl gebaut. Das war auch so ein Wilhelminischer.

Aber würde nicht auch so eine kleine Plakette langen? Wo man sich halt distanziert und…

400 Jahre!

Ja?

Zu so einem Geburtstag kann man sich doch wohl mal was wünschen! Und Sie wissen jetzt auch, was das ist! Wenn Sie bitte wieder meine Grabplatte zuschieben würden? Ich muss mich jetzt dringend weiterdrehen. Interview: Henning Bleyl

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