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A. Lee ist Kopf der BauernprotesteBodenständig rechts

Wofür kämpft Anthony Lee, Bauernprotest-Sprecher und Kandidat der Freien Wähler bei der Europawahl? Er fischt jedenfalls in extrem rechten Gefilden.

Will ins EU-Parlament: Anthony Lee, Sprecher der Protestbewegung „Land schafft Verbindung“, hier bei einer Veranstaltung 2021 Foto: Sina Schuldt/dpa

NIENBURG taz | Gendern, Bauern, Windkraft – die Freien Wähler haben in Niedersachsen begonnen, sich inhaltlich für die Europawahl aufzustellen. Thematisch knüpfen sie an die Lieblingsthemen aus dem rechten Spektrum an – und scheuen auch nicht vor fragwürdigen Kooperationen, unter anderem mit der Fossil-Energie-Lobby „Vernunftkraft“.

Die Energiewende – Chance oder Risiko“ hieß etwa eine gemeinsame Veranstaltung in Nien­burg Mitte März. Es sollte an diesem Abend um Kritik an der Windkraft gehen, offen war man aber auch für ganz andere Fragestellungen: Die Gäste wurden aufgefordert, sich in eine Unterschriftenliste der Freien Wähler gegen das Gendern einzutragen: „Kein Zwang zu falschem Deutsch. Stoppt das Gendern für Niedersachsen!“

Als Referent eingeladen war Anthony Lee, Bundessprecher von „Land schafft Verbindung“ und Kandidat der Freien Wähler für die Europawahl. Mittlerweile ist er einer der einflussreichsten Köpfe der Bauernproteste – und über die versucht sich die Partei aktuell besonders zu definieren.

Verhaltener Applaus

Zunächst aber hielt Fritz Vahrenholt den Eingangsvortrag vor etwa 100 Gästen im Saal und 200 Interessierten im Online-Livestream. Der umstrittene SPD-Politiker und ehemalige Hamburger Umweltsenator ist einer der bekanntesten Klimawandelleugner in Deutschland. In seinem Vortrag in Nienburg warnte er vor einer Wirtschaftsflaute und einer De-Industrialisierung Deutschlands durch den Ausbau von Windkraft. Die globale Erwärmung versuchte Vahrenholt mit Zahlenkolonnen und Tabellen positiv zu framen: „Die Früchte werden größer“, so der Referent, man könne sehen, „wie schön das zuwächst, die Sahel-Zone“.

Der Applaus war verhalten, nur etwa die Hälfte der Anwesenden klatschte. In Niedersachsen, fuhr Vahrenholt fort, gebe es einen riesigen unterirdischen „Erdgas-Schatz“; er warb dafür, das seit 2017 verbotene Fracking wieder zu ermöglichen. Auch das aber kam bei zahlreichen Gästen nicht gut an. Von Fracking Betroffene aus Uchte und Vogtei meldeten sich kritisch zu Wort, nicht wenige verließen den Raum.

Lee als nachfolgender Redner versuchte sich in Schadensbegrenzung: „Alles Fakten, alles wahr“, sagte er über Vahrenholts Vortrag. Er warnte vorm „Canceln“: Was sein Vorredner gesagt habe, was er nun sagen werde, das müssten nicht alle teilen, darüber müsse aber geredet werden. Das nenne man „Diskurs“.

Gezielt versuchte er sich als bodenständiger Nachwuchs­agrarier zu gerieren. Kam sein Vorredner im Anzug, trat er in Hemd und Jeans auf. Gegen Ökologie habe er nichts, nur sehr viel gegen die Grünen. Er sei „heute Abend nicht wegen seiner Kandidatur hier“ und er wolle niemanden überzeugen, ihn zu wählen, „überhaupt nicht, um Gottes Willen“.

Gerade sei er 48 geworden, verheiratet, drei Kinder, zwei Töchter – und einen Sohn. „Ganz sicher“ betont er hinsichtlich des Geschlechts. Die Anspielung auf die Gender-Debatte kommt an, es gibt Lacher und Applaus.

Anthony Lee ist es gewohnt, Zuspruch zu bekommen. Der Landwirt aus Rinteln hat bei Face­book 120.000 Follower, bei Youtube haben 90.000 Menschen seinen Kanal abonniert. Im Rintelner Stadtrat stimmt er seit seinem Austritt aus der CDU als Mitglied der Freien Wähler weiter mit CDU und FDP in einer gemeinsamen Gruppe ab.

Fischen in extrem rechten Gefilden

Er fischt aber auch in extrem rechten Gefilden und agiert vielfach populistisch. So gab er dem verschwörungslastigen Sender AUF1 mehrfach Interviews. Im Gespräch mit der rechten „Werteunion“ behauptete er 2023, dass die europäische Politik Berufsverbote für Landwirte und Enteignungen wolle; kürzlich fand er bundesweit Beachtung, als er fantasierte, die Politik wolle das Land der Bauern, um Wohnungen für Flüchtlinge zu bauen.

An diesem Abend überzeugte Lee nicht, viele Besucher gingen vorzeitig. Einen Unterstützer fand er dann doch noch: Einem Reichsbürger aus Asendorf gefiel das Event; er unterschrieb das Bürgerbegehren der Freien Wähler gegen das Gendern.

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