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Marodes Hamburger WahrzeichenKöhlbrandbrücke hängt in der Luft

Der Senat stellt die Pläne für eine neue Köhlbrandquerung überraschend doch nicht mehr vor Ostern vor. Offenbar Dissens zwischen SPD und Grünen.

Hamburger Wahrzeichen: Köhlbrandbrücke Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Eigentlich wollte der Hamburger Senat am Dienstag seine Pläne für eine neue Köhlbrandbrücke im Hafen vorstellen. Doch daraus wurde nichts: Kurz vor elf Uhr kam die Nachricht, die Landespressekonferenz sei abgesagt. Grund dafür sind Unstimmigkeiten zwischen der SPD-geführten Wirtschafts- und der grün geführten Umweltbehörde. „Dem Senat liegt heute keine entscheidungsreife Drucksache vor“, teilte der Senatssprecher Marcel Schweitzer mit. Es müssten noch letzte Rückmeldungen im Rahmen der Behördenabstimmung eingearbeitet werden. Bedenken gibt es insbesondere bezüglich der Höhe des geplanten Neubaus.

Die 1974 fertiggestellte Köhlbrandbrücke ist eines der Hamburger Wahrzeichen und zugleich das Schlüsselbauwerk einer zentralen Verkehrsachse im Hafen. 40.000 Fahrzeuge überqueren werktags die Brücke, ein Drittel davon sind Lastwagen. Die Hamburger Hafenbehörde (HPA) geht davon aus, dass die zuletzt 2014 bis 2016 generalüberholte Brücke diese Belastung nicht mehr lange mitmachen wird. Deshalb soll sie 2036 ersetzt werden.

Das Thema erhitzt schon monatelang die Gemüter, seitdem ein 15 Jahre altes Gutachten publik geworden ist, nach dem die Brücke vielleicht noch Jahrzehnte hätte erhalten werden können. Ingenieure der HPA wiesen das zurück: Der Beton der Rampen sei angefressen und der Stahl des zentralen Brückenelementes weich geworden.

Ein Tunnel wäre teuer

Zudem stellte sich im vergangenen Sommer heraus, dass der vom Senat favorisierte Plan, einen Tunnel zu bauen, so nicht umsetzbar war. Der Baugrund war anders beschaffen als von den Planern angenommen. Die Tunnelröhre müsste daher 5,40 Meter tiefer liegen als erwartet, was den Bau verkomplizieren und teurer machen würde.

Der hafenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Markus Schreiber, zeigte sich überrascht über die Vertagung der Senatsentscheidung, „weil alle Fakten seit Wochen auf dem Tisch liegen“. Dass in letzter Minute Einwände vorgebracht würden, sei zumindest ungewöhnlich.

„Wir haben bei dem Thema keinen großen Dissens“, versichert dagegen Nicolas Garz, Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion. Seine Fraktion habe sich nicht auf eine Senatsentscheidung an diesem Dienstag eingestellt. Es sei auch nicht mit diesem Thema zur Landespressekonferenz eingeladen worden.

Dass dieser Eindruck entstand, geht auf die Berichterstattung über einen internen Prüfbericht der Wirtschaftsbehörde vor zweieinhalb Wochen zurück. Der Bericht empfahl einen Brückenneubau, der deutlich billiger wäre als ein Tunnel. Ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde dementierte damals nicht, dass die Entscheidung am Dienstag vor Ostern fallen könnte.

Die von Melanie Leonhard (SPD) geführte Wirtschaftsbehörde favorisiert einen 73 Meter hohen Neubau – 20 Meter mehr als heute – sodass auch die größten Schiffe den dahinter liegenden Containerterminal Altenwerder anlaufen können. Alternwerder ist der modernste Hamburger Terminal, auf dem die Container führerlos von den Kränen zum Lager gefahren werden.

Die Frage der Notwendigkeit

Würde die neue Brücke höher gebaut als die alte, würde das die Kosten erhöhen und das Bauwerk empfindlicher machen. „Allen Beteiligten ist klar, dass eine erhöhte Brücke kräftigeren Witterungseinflüssen ausgesetzt ist“, sagt Norbert Hackbusch von der Linken-Bürgerschaftsfraktion. „Diese müssen sowohl für ihre Nutzung als auch ihre Lebensdauer sorgfältig berechnet und dargestellt werden.“ Die Architektin Christina Sassenscheidt, Geschäftsführerin des Denkmalvereins, hatte im Interview mit der taz gesagt, der Verkehr in 70 Metern Höhe müsste mit Wänden vor dem Wind geschützt werden.

Dazu kommt die Frage, ob eine höhere und teurere Brücke überhaupt notwendig ist. Denn Altenwerder ist nur einer von vier Containerterminals in Hamburg, sodass für ganz große Containerschiffe reichlich andere Kais zur Verfügung stehen. „Sollte sich herausstellen, dass eine mehr als 70 Meter hohe Brücke lediglich für eine kleine Anzahl von Schiffen benötigt wird, müssen Alternativen in Betracht gezogen werden“, fordert der Bund der Steuerzahler.

Der Naturschutzbund (Nabu) findet, auch die Entscheidung gegen einen Tunnel müsse nachvollziehbar begründet werden: „Nicht akzeptabel wäre eine Entscheidung für eine über 70 Meter hohe Brücke, wenn sie erkennbar allein aus einer gegenwärtig angespannten Haushaltslage heraus getroffen werden würde.“ Insgesamt müssten die gesamten baubedingten Klimaemissionen und Kosten einer Brückenlösung mit einer Lebensdauer von 60 Jahren im Vergleich zu einem Tunnel mit einer Lebensdauer von 130 Jahren verglichen werden.

Zudem warnt auch der Nabu vor der Wind- und Wetteranfälligkeit einer so hohen Brücke – nicht zuletzt mit Blick auf den Klimawandel. Wenn als Teil der geplanten A 26 Ost nur drei Kilometer weiter südlich eine zweite, wind- und wetteranfällige Brücke von 50 Metern Höhe über die Elbe gebaut werden solle, könne von Resilienz keine Rede sein. „Statt zwei halbgarer, billiger Lösungen sollte lieber eine taugliche Nord­variante zwischen dem Köhlbrand und der Veddel organisiert werden“, schlägt der Nabu vor.

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