Investitionen gegen eigenen Anspruch

Die Atommüllstiftung KENFO will ihr Geld durch Investitionen in fossile Firmen mehren

Von Reimar Paul

Die Stiftung KENFO, die Milliardensummen für die deutsche Atommülllagerung verwaltet, rühmt sich ihrer grünen Anlagestrategie. Die Initiativen urgewald und Fossil Free Berlin haben das überprüft. Demnach hatte KENFO nach letztem Stand rund 771 Millionen Euro in Aktien und Anleihen von 107 fossilen Unternehmen investiert. Die vier deutschen Atomkraftwerksbetreiber hatten 2017 in die Stiftung insgesamt 24,1 Milliarden Euro eingezahlt und sich damit von der finanziellen Verantwortung für die Aufbewahrung des Atommülls freigekauft. KENFO ist die größte öffentlich-rechtliche Stiftung Deutschlands.

Ihr Vermögen investiert KENFO in Aktien, Anleihen und andere Geldanlagen. Dabei lässt sich die Stiftung eigenen Angaben zufolge von sogenannten ESG-Nachhaltigkeitskriterien leiten und unterstützt die Ziele der Pariser Klimakonferenz. Im Bereich Energie hat KENFO zum Beispiel Investitionen in Betreiber von AKWs, Uranabbau und Betrieb von Uranminen, Kohleabbau und -verstromung, Öl- und Gasgewinnung aus Fracking sowie Ölgewinnung aus Öl- und Teersand ausgeschlossen. Doch urgewald und Fossil Free Berlin glichen das zuletzt veröffentlichte KENFO-Portfolio mit aktuellen Unternehmensdatenbanken zur fossilen Industrie ab. Das Ergebnis: Den weitaus größten Anteil der insgesamt in diesen Sektor investierten 771 Millionen Euro machen demnach mit rund 723 Millionen Investitionen in 98 Öl- und Gasunternehmen aus, darunter TotalEnergies, Shell und BP.

Diese Unternehmen wollten durch die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder sowie den Bau von Pipelines, LNG-Terminals oder Gaskraftwerken ihre fossilen Geschäfte ausbauen und gefährdeten damit die Pariser Klimaziele, kritisiert Anna Lena Samborski von urgewald: „Öl- und Gasunternehmen wie TotalEnergies, Shell oder BP haben offenkundig kein Interesse daran, ihr Geschäftsmodell an eine klimagerechte Zukunft anzupassen.“ KENFO räumt nun Investitionen in Firmen ein, deren Geschäft auf fossilen Energiequellen basiert. Sie rechtfertigt dies damit, dass man die Wirtschaft „bei der Umstellung ihrer Geschäftsmodelle zur Klimaneutralität konstruktiv begleiten“ wolle.

Die angebliche Begleitung solcher Unternehmen in Richtung eines klimaneutralen Geschäftsmodells funktioniere aber nicht, so Samborski. „Wenn der KENFO seine grünen Ansprüche ernst nimmt, muss er sich von seinen fossilen Geldanlagen trennen. Als staatlich kontrollierte Stiftung hat KENFO Vorbildcharakter und sollte beim Klima keine Kompromisse machen.“ Mathias von Gemmingen, Campaigner bei Fossil Free Berlin, hält es für ein „politisches Versagen, wenn staatliche Stellen die Klimaschäden der Fossilindustrie ignorieren und durch Finanzgeschäfte auch noch anfeuern“. Mit diesem Fehlverhalten stehe die Stiftung übrigens nicht alleine. Auch das Bundesinnenministerium habe zugeben müssen, Aktien von Gas- und Ölkonzernen für eine halbe Milliarde Euro gekauft zu haben.