Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie die Rechten Rote werden wollen

Nach gut anderthalb Stunden waren sie schon fertig. Einstimmig und ohne weitere Aussprache hat die AfD am Samstag ihre Leitlinien für die Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet. Die Einstimmigkeit auf den Parteitag in Dabel überrascht kaum. Denn mit ihrem Programm bleibt sich die AfD selbst treu.

Die Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm und Enrico Schult haben für die Wahl am 9. Juni ein Programm vorgelegt, das sowohl radikal als auch professionell ist. In der Präambel schreibt die AfD: „Wir brauchen kein Gender-Gaga, keine Denk- und Sprechverbote.“

Diese Themen haben zwar wenig mit Kommunalpolitik zu tun, aber die Partei will ja auch eher die Gemüter bewegen. Sie will emotionalisieren, indem sie die Politik der anderen Parteien als „von den Bürgern entfremdet“ darstellt: Die regierenden Parteien leugneten die „grenzenlose Masseneinwanderung“, lautet etwa ein Vorwurf. Dabei setzt die Bundesregierung ja mit ihrer Wortwahl und ihrem Rückführungsgesetz längst Forderungen der AfD um.

Weiter fordert die AfD „Vernunft und gesunden Menschenverstand in der Politik“ und bezeichnet im gleichen Atemzug die Brandmauern gegen sie als „unsinnig“.

Das Programm offenbart aber, dass der AfD-Landesverband an eine große „Remigration“ denkt. Er fordert auf kommunaler Ebene – wie schon auf Landesebene – Rückführungsbeauftragte, die „als Ansprechpartner für Bund und Länder dienen“ sollen. Selbst bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen, die sie auch als solche benennt und damit deren Fluchtgrund anerkennt, klagt die AfD, dass diese eine erhebliche Belastung für die Kommunen seien. „Die „Einwanderung in unsere Sozialsysteme“ sei zu beenden.

Foto: Jungsfoto: dpa

Andreas Speitarbeitet als freier Jour­nalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Diese unmenschliche Politik will der Landesverband auch mit demokratischen Mitteln erreichen. So fordert er etwa „eine Verringerung des Zustimmungsquorums auf 20 Prozent bei Bürgerentscheiden“. Ihre Absicht verschweigt die AfD dabei nicht: „Grevesmühlen und Greifswald haben mit ihren Abstimmungen in der Migrationskrise gezeigt, wie Demokratie in den Kommunen gelebt wird“, ist im Programm zu lesen In den beiden Städten verhinderten Bürgerentscheide 2023 den Bau von Unterkünften für Geflüchtete. Wenn ein Veto aus den Gemeinden nicht reiche, dann solle der Bund auch „100 Prozent der direkten und indirekten Kosten tragen“, so das Papier weiter.

In der Energiepolitik zeigt sich, wie die AfD den menschengemachten Klimawandel leugnet. Der Landesverband spricht sich gegen Windindustrie- und Photovoltaikanlagen aus, lehnt eine kommunale Wärmeplanung und ein LNG-Terminal vor Rügen ab. Für die AfD gibt es keinen Klimanotstand; den hätten „linke Klimaideologen“ ausgerufen, um Panik zu erzeugen.

Eine Indoktrination sieht die AfD auch im Gender-Mainstreaming und der „Trans-Gender-Propaganda“. Seine eigenen Positionen hält der Verband freilich für gänzlich unideologisch. Dabei fordert er ein Baby-Begrüßungsgeld und eine Familienbeauftragte statt einer Gleichstellungsbeauftragten.

Die AfD fordert, das Zustimmungsquorum für Bürgerentscheide zu senken

Auch in der Steuerpolitik hat die AfD große Pläne: Mit ihr werde es keine „übermäßigen kommunalen Abgaben“ wie etwa Betten-, Jagd-, und Getränkesteuern geben. Die Kurtaxe, die es in manchen Kommunen gibt, will sie abschaffen. Die freiwillige Feuerwehr, Sport – und Heimatvereine seien zu unterstützen. Das Geld dafür soll wohl aus den linken Vorhaben kommen, die die AfD als „Ideologieprojekte“ ablehnt. Zur Gegenfinanzierung müssten die Kommunen zudem einen höheren Anteil an der Einkommenssteuer bekommen. Sprich: Der Bund soll ihre Versprechen bezahlen.

Das Programm zeigt, dass die AfD im Wahlkampf nicht allein auf klassisch rechtsextreme Positionen setzt, sondern auch sozialpolitische Angebote machen will. Die Blauen wollen hier die neuen Roten sein.