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Bilanz der Berliner VerkehrsbetriebeWer zu spät kommt, fährt BVG

Busse und Bahnen fahren immer öfter unpünktlich oder auch gar nicht. Das zentrale Problem ist der Mangel an Personal.

Viele Busse fallen aus – diese nicht Foto: dpa

Berlin taz | Die Beschwerden über Bus- und Bahnausfälle bei der BVG häuften sich zuletzt. Nun hat der subjektive Eindruck vieler Fahrgäste von verspäteten U-Bahnen und ausfallenden Bussen eine Grundlage: Laut Daten der Verkehrsbetriebe, abgefragt vom SPD-Abgeordneten Tino Schopf, ist die Pünktlichkeit bei der BVG im vergangenen Jahr auf einen Tiefstwert gesunken. Dazu steigt die Anzahl der ausgefallenen Kilometer.

Besonders betroffen sind Busse und Straßenbahnen, deren Fahrten nur noch zu 90,3 beziehungsweise 87,1 Prozent als pünktlich gelten – trotz der großzügigen Bemessung, wonach eine Verspätung von bis zu dreieinhalb Minuten nicht mitgezählt wird.

Die Werte sinken seit Jahren. 2021 waren noch 91,3 Prozent der Busse und 90,8 Prozent der Trams pünktlich. Hinzu kommt, wie Schopf der taz sagt, dass auch die Beförderungsgeschwindigkeit abnimmt. Durchschnittlich bewegen sich Busse und Bahnen mit nur 17 km/h durch die Stadt. Schopf fordert daher einen Vorrang bei Ampelschaltungen: „Das muss oberste Priorität haben.“ Die hat derzeit noch das Auto.

Zusätzlich sollte Berlin mit einer Bundesratsinitiative auf die vereinfachte Einrichtung von Bussonderspuren drängen, sagt Schopf. Im vergangenen Jahr war dies als Teil eines größeren Pakets einer novellierten Straßenverkehrsordnung gescheitert. Noch braucht es 20 Busse pro Stunde, um eine eigene Spur einrichten zu dürfen. Dieser Wert müsse abgesenkt werden, so Schopf.

U-Bahnen, die nicht kommen

Doch auch bei den U-Bahnen, die nicht durch den Straßenverkehr beeinträchtigt sind, lässt die Zuverlässigkeit zu wünschen übrig. Als pünktlich galten hier 98,4 Prozent der Fahrten – nach 99 Prozent im Jahr 2021. Besonders zugespitzt hat sich die Situation am Jahresende aufgrund eines hohen Krankenstandes, abzulesen an den ausgefallenen Kilometern. 135.000 Kilometer betrug dieser Wert bei der U-Bahn allein im Dezember.

U-Bahn-Linie 3 bis Mexikoplatz

Beschluss Der Senat hat sich am Dienstag auf den Ausbau der U3 festgelegt. Die derzeit an der Station Krumme Lanke endende U-Bahn-Linie soll um 800 Meter bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz verlängert werden. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hält einen Baubeginn bis 2026 für möglich, die ersten Züge sollen 2030 oder 2031 fahren. Für Planung und Bau soll die BVG zuständig sein. Kosten für das Land: 25 Millionen Euro.

Bauweise Anders als bei der U-Bahn-Linie 5 soll kein Bohrkopf unterirdisch einen Tunnel entstehen lassen. Laut Schreiner wird vielmehr in einer offenen Baugrube gearbeitet. Endpunkt und ebenerdiger Ausstieg soll südlich des S-Bahnhofs sein. Der als Gartendenkmal eingestufte Mexikoplatz soll unangetastet bleiben. (sta)

Insgesamt wurden von der BVG über das gesamte Jahr 5,4 Millionen Kilometer nicht bedient, die meisten davon im Busverkehr. 2022 waren es noch 3,9 Millionen Kilometer. Die Zahl der Ausfälle hat sich damit in einem Jahr um mehr als 38 Prozent erhöht – für die BVG bedeutet das eine Streichung der Zuwendungen um mehr als 20 Millionen Euro.

Das zentrale Problem ist laut BVG die Personalknappheit. Schopf hofft auf einen positiven Ausgang der laufenden Tarifverhandlungen: „Ich habe große Hoffnung, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessern.“ Auch mehr Geld sei nötig, worüber BVG und Verdi im kommenden Jahr verhandeln. Die aktuellen Tarifverhandlungen gehen ab Donnerstag in die zweite Runde.

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1 Kommentar

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  • Die Ausredenhascherei der BVG nervt. Die Tatsache, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf Berlins Straßen sinkt ist für Verspätungen vollkommen belanglos. Die Pläne der BVG müssen an den Verkehr angepasst werden und nicht der Verkehr an die Pläne.

    Auch saisonbedingte Änderungen müssen bei der Erstellung von Plänen berücksichtigt werden. Es ist unverständlich, weshalb ein Bus an einem Sonntag Mittag im Sommer angeblich genau so lange brauchen soll wie im Winter im Berufsverkehr.

    Dir GPS-Daten der Busflotte liefern alle Daten, die notwendig sind um einen ordentlichen Plan für die Folgesaison zu erstellen. Änderungen wie neue Dauerbaustellen oder neue Radwege können dann leicht eingearbeitet werden.

    Das Personalproblem sollte in der Tarifverhandlung aktiv angegangen werden, indem Tarifpositionen in Mangelberufen anders berücksichtigt werden als die Übrigen. Ein entsprechender Vorschlag der Arbeitgeberseite ist bisher nicht bekannt.