Präsidentenwahl in Russland: Nadeschdin kassiert ein „Njet“

Oppositionspolitiker Nadeschdin darf in Russland bei der Präsidentenwahl nicht antreten. Die Behörden begründen das mit fehlerhaften Unterschriften.

Ein Mann an einem Rednerpult mit zwei Mikrofonen

Noch will er nicht aufgeben: Boris Nadeschdin Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

BERLIN taz | Das war es dann wohl: Der Kriegsgegner Boris Nadeschdin darf eigenen Angaben zufolge nicht bei den russischen Präsidentenwahlen Mitte März dieses Jahres antreten. Die Zentrale Wahlkommission (ZIK) habe seine Kandidatur abgewiesen, teilte der 60-Jährige via Onlinediensten mit.

Die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass sie 60.000 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen­un­ter­schrif­ten geprüft und bei mehr als 9.000 davon Fehler gefunden habe. Bei den vorgelegten Unterschriften – für die Registrierung der Kandidatur ist eine genau festgelegte Anzahl notwendig – darf die Fehlerquote maximal 5 Prozent betragen.

Im Falle von Nadeschdin sei man beispielsweise auf elf „tote Seelen“ gestoßen, hieß es aus der ZIK. Während deren Sitzung seien Angehörige von Milizsondereinheiten auf der Straße patrouilliert, auch gepanzerte Mannschaftswagen seien zu sehen gewesen, berichtete das unabhängige russische Nachrichtenportal SOTAvision. Entsprechende Vorwürfe waren von einer Arbeitsgruppe der ZIK bereits in der vergangenen Woche erhoben worden.

In einer ersten Stellungnahme sagte Nadeschdin, er habe „Hunderttausende russische Bürger*innen“ hinter sich. „Ich bin auf dem zweiten Platz hinter Putin, ich erreiche in den Umfragen zweistellige Werte und Sie erzähle mir etwas von elf Toten“, sagte der oppositionelle Politiker. Nadeschdin kündigte an, die Entscheidung vor dem obersten Gericht anfechten zu wollen. Allerdings tendieren seine Chancen, dort etwas zu erreichen, gegen null.

Lange Schlangen

Nadeschdin ist seit über 30 Jahren politisch aktiv. Lange hatte er sich in der Partei Union der rechten Kräfte an der Seite anderer Liberaler, wie dem 2015 erschossenen Boris Nemzow, engagiert. Derzeit sitzt er als Abgeordneter im Lokalparlament seiner Heimatstadt Dolgoprudny im Moskauer Gebiet.

Bereits im vergangenen Dezember hatte er seine Absicht kundgetan, bei der Präsidentenwahl für die Partei Bürgerinitiative antreten zu wollen. Als er vor einigen Wochen damit begann, Unterschriften zu sammeln, gingen Bilder von langen Menschenschlangen um die Welt, die geduldig darauf warteten, sich in entsprechende Verzeichnisse einzutragen.

Nadeschdin war der einzige Kandidat bei den Wahlen, der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie Putins Regime offen kritisiert hatte. Putin sei dabei, Russland in die Vergangenheit zu ziehen und die grundlegenden Institutionen eines modernen Staats zu vernichten, schreibt er auf seiner Wahlkampfseite.

Er plädiert für ein Ende des Kriegs in der Ukraine (auch er spricht von einer Spezialoperation) und fordert Verhandlungen mit Kyjiw und dem Westen. Allerdings bleibt auch Nadeschdin vage, worüber und auf welcher Grundlage genau verhandelt werden soll (zum Beispiel Krim), wie einem Interview mit dem russischen Internetportal Nastojaschee Vremja von vor wenigen Tagen zu entnehmen ist.

Produkt des Kremls

Kri­ti­ke­r*in­nen haben Na­desch­din wiederholt vorgeworfen, ein Produkt des Kremls zu sein. Im vergangenen Herbst hieß es in Medienberichten, er können eine ähnliche Rolle spielen wie die Juristin Ksenia Sob­tschak im Jahre 2018 – nämlich die Rolle eines liberalen Sparring-Partners von Wladimir Putin. Das sind Vorwürfe, die Nadeschdin auf das Schärfste zurückweist.

Nach derzeitigem Stand treten außer Wladimir Putin drei weitere Kandidaten an. Die Parteien, die sie aufgestellt haben, gelten als regimetreu. Putin hat in diesem Jahr so wenig Gegenkandidaten wie nie zuvor. Seine Wiederwahl – möglich aufgrund einer Verfassungsänderung 2020 – gilt als sicher.

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