Erdoğan blockiert weiter

Im türkischen Parlament stimmt der Auswärtige Ausschuss für Schwedens Nato-Beitritt. Aber Präsident Erdoğan verzögert weiter, um den Druck auf Washington zur Lieferung von F-16-Kampfjets zu erhöhen

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Schwedens Nato-Mitgliedschaft rückt in Millimeterschritten näher. Am Dienstagnachmittag hat in Ankara der Auswärtige Ausschuss des Parlaments sich mit der Ratifizierung des schwedischen Antrags auf Mitgliedschaft in der Nato befasst und eine grundsätzliche Zustimmung signalisiert. Zuletzt muss jetzt das Parlament in Gänze noch über den Antrag abstimmen.

In der Ausschusssitzung sagte Vizeaußenminister Burak Akçapar, Schweden sei den türkischen Forderungen durch eine Änderung seiner Antiterrorgesetzgebung zwar entgegengekommen, doch man beobachte jetzt, wie das Gesetz umgesetzt wird.

Die türkische Armee beklagt außerdem, bei dem Angriff der kurdischen PKK auf drei Stellungen des Militärs im Nordirak, bei dem am Wochenende 12 Soldaten getötet wurden, seien von der PKK Waffen aus Schweden eingesetzt worden. Es könnte also noch etwas dauern, bis das Parlament schlussendlich über den schwedischen Antrag abstimmt.

Der Hauptgrund für die weitere Verzögerung ist gar nicht mehr das Handeln oder Unterlassen der Behörden in Schweden, sondern Entscheidungen in den USA. Von Beginn der Verhandlungen um Schwedens Nato-Beitritt an hat die türkische Regierung durchblicken lassen, dass es ihr nicht nur darum geht, die schwedische Position zu politischen Flüchtlingen aus der Türkei, insbesondere Mitgliedern der kurdischen PKK, zu verändern, sondern dass sie ihre Zustimmung auch als Hebel für Rüstungsgeschäfte mit der Nato-Vormacht USA einsetzen will.

Dabei geht es hauptsächlich um die Lieferung von neuen F-16-Kampfflugzeugen und Material für die Modernisierung in der Türkei bereits eingesetzter F-16-Flieger. Obwohl die Regierung Joe Bidens der Türkei bereits mehrmals signalisiert hat, dass sie zu einem Verkauf der Flugzeuge an den Nato-Partner bereit sei, hängt das Projekt seit mehreren Jahren bereits im Kongress fest. Der verweigert bislang die Zustimmung.

Der Hintergrund dafür sind zahlreiche Streitigkeiten zwischen beiden Ländern, vor allem aber die Sorgen etlicher Abgeordneter, die Türkei könnte die Kampfjets gegen seinen Nachbarn Griechenland einsetzen.

Bis zu einem Besuch von Präsident Recep Tayyip Erdoğan im November in Athen, bei dem sich die beiden Länder auf einen „Neustart“ ihrer Beziehungen verständigten, war das Verhältnis tatsächlich sehr angespannt. Griechenland beklagte immer wieder die Verletzung des Luftraums durch türkische Kampfflugzeuge.Deshalb hatte der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis bei einer Rede vor dem US-Kongress vor eineinhalb Jahren die Abgeordneten auch aufgefordert, sich einer Lieferung neuer Kampfflugzeuge an die Türkei zu widersetzen. Ob die griechische Haltung sich seit dem Treffen von Erdoğan und Mitsotakis geändert hat ist nicht bekannt.

Im Kongress gibt es jedenfalls noch keine neue Entscheidung. In den letzten Tagen hat Erdoğan deshalb versucht, den Druck auf den US-Kongress zu erhöhen und mehrfach erklärt, das türkische Parlament könne Schwedens Nato-Beitritt erst dann ratifizieren, wenn der US-Kongress dem Verkauf der F-16-Kampfjets zugestimmt habe.