„Die Discounter“ Serie: Alles ein bisschen abgefuckt
In der dritten Staffel der Amazon-Mockumentary „Discounter“ bröckelt nicht nur die Kulisse. Doch Momente der Zärtlichkeit wirken dann umso intensiver.
Die Kasse ist leer, die Schlange lang, die Leute wütend. Die lässige Belegschaft sitzt rauchend im Pausenhof, Vizechefin Pina weinend im Büro, denn sie hat das Sagen, nur hört niemand darauf.
Szenen wie diese lassen leicht ratlos zurück. Einerseits ist da die Sympathie mit Pina, der als junger Frau keine Autorität zuerkannt wird, als sie für ihren Chef als Leiterin der Supermarktfiliale „Kolinski“ einspringen soll. Andererseits das kleine Triumphgefühl über den Mitarbeiter:innenboykott, die Botschaft: Ohne uns läuft hier gar nichts, erst recht nicht das Kassenband.
Das Konzept von „Discounter“, aktuelle Diskurse miteinander in Konflikt zu bringen und daraus komische Situationen zu kreieren, geht auch in der dritten Staffel auf. In diesem Fall: Frauen an die Macht oder doch lieber alle?
Spannend ist es von Beginn an, denn die Kolinski-Clique ist in einen Supermarkt gezogen, der noch heruntergekommener ist als der alte. Nur Pina versucht ihn auf Vordermann zu bringen, die anderen glauben nicht, dass sich an diesem Ort etwas bessern könnte, und haben sich ein Stück weit selbst aufgegeben. Titus hat Haarausfall, Lia trägt Gesundheitsschuhe, und Samy duscht nur mehr einmal die Woche – wegen der Gasrechnung.
Armut nicht romantisiert
Zum Glück tappt „Discounter“ nicht in die Falle, die quasifamiliäre Gemeinschaft der Supermarkt-Crew zum harmonischen Fluchtort zu erklären. Armut wird nicht romantisiert, sondern zum Auslöser von Spannungen. Sogar Jonas, der liebenswürdige Sicherheitsmann, den alle wie ein Kind behandeln, lehnt sich auf und mimt den Macker.
Die dritte „Discounter“-Staffel gibt es seit dem 22. November auf Amazon
Einmal mehr trifft die Serie den Zeitgeist, das Gefühl, dass alles ein bisschen kaputt ist. Zwischendurch gibt es aber auch sonderbar zarte Momente. Am schönsten: die verhalten beglückte Mimik von Supermarktchef Thorsten (Marc Hosemann), als er plötzlich einen Moment der Nähe findet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland