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Uwe Rada übers Öffi-Fahren im Berliner WinterKuscheln gegen die Kälte

Am Mittwoch bin ich mal wieder Öffis gefahren. Der Schnee, die Glätte und, ich geb’s zu, auch der frische Wind haben mich vom Fahrradfahren abgehalten. Ob es eine gute Idee war, wird sich vielleicht erst in ein paar Tagen zeigen. Denn Schnee kann auch Corona nach sich ziehen, vor allem bei der BVG.

Kuscheln gegen die Kälte also, eng aneinandergedrückt, alle zehn Minuten eine U-Bahn. So sieht es im Moment auf der U6 aus. Weil vergangene Woche Kabeldiebe zugeschlagen haben, darf das Stromnetz nicht überhitzt werden, heißt es bei der BVG.

Im U6-Takt geht es dann, auch mit Kabeln, in den Fahrplanwechsel. Für die Zeit nach dem 10. Dezember hat die BVG am Dienstag sogenannte Anpassungen bei den Bus-Fahrplänen angekündigt. „Angepasst wird das Angebot auf insgesamt 44 Buslinien im gesamten Stadtgebiet“, heißt es in einer Pressemitteilung. Durch die Verteilung auf eine große Zahl an Linien seien die Änderungen auf den einzelnen Verbindungen und Streckenabschnitten meist gering, beschwichtigt das Unternehmen. „Zusammen mit den bereits geltenden Anpassungen ist das Busangebot dann um rund 6 Prozent geringer als bei voller Leistung.“ Für die BVG ist damit alles gut, denn im Umkehrschluss bedeuteten die „Anpassungen“, dass 94 Prozent der Busfahrten weiter „wie gewohnt“ stattfinden.

Das würde sogar stimmen, wenn das „wie gewohnt“ nicht diesen bitteren Beigeschmack hätte. Schon jetzt berichten Kolleginnen und Kollegen, dass sich BVG-Nutzer an U-Bahnhöfen ein Taxi nehmen, weil der nächste Bus laut Anzeige erst in 20 Minuten komme. „Wie gewohnt“ fahren heißt, oft auch nicht oder zu spät fahren. Wie viel dann wohl noch von den 94 Prozent übrig bleiben? Ach ja, der Schnee. Es ist Winter. Natürlich ist der Spruch abgelutscht, aber beim Blick auf den Zugzielmonitor am S-Bahnhof musste ich am Mittwoch wieder an ihn denken: Was sind die vier größten Probleme der S-Bahn? Frühling, Sommer, Herbst und Winter!

Und die BVG? Will nun jemanden einstellen, der dafür sorgen soll, dass künftig weniger Kabel geklaut werden. In echt? Jetzt schon?!

Ach ja, die „Anpassungen“ sind auf mangelndes Personal zurückzuführen. Und auf den hohen Krankenstand, vermute ich. Kein Wunder, denn jeder Busfahrer, der mit der U-Bahn zur Arbeit kommt, muss auch gegen die Kälte kuscheln.

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