Kinotipp der Woche: Superheldin jagt Hirnchirurg
„Espectáculo a diario“ zeigt die spektakuläre Bandbreite des mexikanischen Films der 1940er bis 1970er. Ein echter Geheimtipp unter den Filmreihen.
Auf einer Anhöhe im trockenen Norden Mexikos legt sich ein Mann mit seinem Gewehr auf die Lauer. Es dauert nicht lange, bis drei Reiter am Horizont auftauchen. Ein Vater mit seinen beiden Söhnen. Geduldig wartet der Mann mit dem Gewehr bis die drei nahe genug herangekommen sind, dann feuert er drei Schüsse auf den Vater ab.
Während der Totenwache sitzt die Witwe (Columba Domínguez) schweigend neben dem Bett mit dem Leichnam. Aus dem Off denkt ihre Stimme „Töten oder sterben, Du hast das nie verstanden.“. Eine Rückblende erzählt, wie sich die Eltern bei einem Dorffest kennen gelernt haben. Dann kehrt der Film in die Zeit nach den Schüssen zurück und zeigt, wie die Mutter die beiden Söhne zu Werkzeugen ihrer eigenen Blutrache erzieht.
Ismael Rodríguez' „Los hermanos Del Hierro“ (Die Brüder Del Hierro) von 1961 eröffnet am Freitag im Berliner Kino Arsenal die Filmreihe „Espectáculo a diario – Mexikanisches Populärkino 1940–1970“. Die Reihe ist eine Auswahl aus der diesjährigen Retrospektive des Locarno Film Festivals. Von den 36 Filmen, die Filmkritiker und Programmgestalter Olaf Möller für Locarno ausgewählt hatte, laufen 13 nun in Berlin.
Ismael Rodríguez, einer der prägenden Regisseure der Goldenen Ära des mexikanischen Films der 1940er und 1950er Jahre, verarbeitet das Motiv der Blutrache in einem düsteren Western. Herangewachsen erfüllen die Brüder Reynaldo (Antonio Aguilar) und Martin Del Hierro (Julio Alemán) den Zweck, den ihnen ihre Mutter zugedacht hat, und töten den Mörder ihres Vaters. Der Mord aber beraubt sie ihres eigenen Lebens und sie werden zu Geächteten.
Espectáculo a diario – Mexikanisches Populärkino 1940–1970: 1.–30. Dezember, Kino Arsenal
Schon der Eröffnungsfilm macht deutlich, was für ein reicher filmischer Kontinent das mexikanische Kino ist. 66 Filme hat Rodríguez zwischen 1943 und 1993 realisieren können. Drehbuchautor Rosalío Solano hat im Laufe seiner Karriere knapp 200 Drehbücher verfasst. Julio Alemán und Antonio Aguilar, die Protagonisten des Eröffnungsfilms, haben jeweils an deutlich über 100 Filmen mitgewirkt.
Die Reihe präsentiert die ganze – in sich schon spektakuläre – Bandbreite des mexikanischen Kinos jener Jahre: Western, Komödien, Melodramen, Monumentalmusicals und Lucha-libre-Superheldenfilme. Vor allem letztere Form sollte das mexikanische Kino in den 1960er und 1970er Jahren international bekannt machen.
Doch während die meisten Filme um männliche Figuren des mexikanischen Wrestling kreisen, zeigt René Cardona seine Protagonistin Gloria (Maura Monti) in „La mujer murciélago“ (The Batwoman) als wandlungsfähige Superheldin und Superermittlerin.
Die extravagante Millionärin eilt mit Cape und Maske der Polizei in Acapulco zur Hilfe und hilft ihr aus der Patsche, in die sie ein verrückter superböser ehemaliger Hirnchirurg gebracht hat, der versucht aus Wrestlern einen perfekten Fischmenschen zu erzeugen.
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Im wahren Leben hatte die in Italien geborene Monti vom Luxusleben bald genug, ging nach Chiapas und schloss sich den Zapatisten als Dorfschullehrerin an.
13 Jahre, nachdem das Arsenal mexikanischen Melodramen eine Filmreihe gewidmet hat, ist das Kino des mittelamerikanischen Landes noch immer einer der bekanntesten Geheimtipps unter Kinobegeisterten. „Espectáculo a diario – Mexikanisches Populärkino 1940–1970“ zeugt einmal mehr davon, was für ein Füllhorn das mexikanische Kino ist. Die Reihe ist eine der spektakulärsten des Jahres.
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