piwik no script img

Olympisches Komitee suspendiert RusslandSpäter Rauswurf

Nach der sportlichen Annexion der Ostukraine wird Russland aus der olympischen Familie verbannt. Die Tür für Sportler bleibt dennoch offen.

Konstrukt des IOC: ein russischer Athlet ohne russische Hoheitszeichen Foto: Sven Simon/imago

J etzt aber! Russland ist raus. Die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat auf ihrer Sitzung im indischen Mumbai beschlossen, Russland zu suspendieren. Das Olympische Komitee Russlands wird auch keine finanziellen Zuwendungen vom IOC mehr erhalten.

Nachdem die Russen die annektierten Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja in ihre olympische Organisationsstruktur aufgenommen hatten, reagierte das IOC. Es sah einen Bruch der Olympischen Charta, weil sich ­Russland daranmacht, anerkannt ukrainische Gebiete in das russische Sportreich zu in­te­grieren.

Endlich ist also Schluss mit der schleichenden Anerkennung russischer Eroberungen. Als Russland 2016, zwei Jahre nach der Annexion der Krim, die Halbinsel in ihren olympischen Herrschaftsbereich integriert hat, gab es keine Reaktion. Vor den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2021 erschien auf den Seiten des IOC sogar eine Karte, in der die Ukraine und die Krim durch eine Grenzlinie voneinander getrennt waren.

Auch wenn die Karte nach Protesten korrigiert wurde, deutet viel darauf hin, dass man im IOC die Krim insgeheim schon russifiziert hatte. Im tobenden Krieg um die annektierten Gebiete in der Ostukraine, die noch dazu gar nicht vollständig unter russischer Kontrolle sind, zeigt das IOC nun endlich Flagge. Gut so.

Wütende Reaktionen aus Russland

Die Reaktionen aus Russland auf die Entscheidung des IOC sind so eindeutig wie erwartbar. Eine politisch motivierte Entscheidung sei das, meinte Sportminister Oleg Matyzin. Eine, mit der das IOC seine Unabhängigkeit geopfert habe. Und wie üblich findet sich ein Lautsprecher mit politischem Mandat, der besonders markige Worte findet. „Zum Teufel mit diesem IOC!“, wetterte Nikolai Walujew, der ehemalige Weltmeister im Schwergewichtsboxen, heute Parlamentarier in der Staatsduma.

Doch auch er weiß, dass der Rauswurf aus dem Olymp noch keine Entscheidung darüber ist, ob russische Sportlerinnen und Sportler an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilnehmen können. Nach einer Empfehlung des IOC sollen die Sportverbände einzelne Athletinnen, die nicht in Kriegshandlungen involviert sind, antreten lassen. Das IOC hat sogar so etwas wie ein Menschenrecht auf olympische Teilhabe für russische Athleten formuliert. Schon einmal sind Russinnen und Russen bei Olympischen Spielen an den Start gegangen, obwohl ihr nationales Komitee suspendiert war. 2018 in Pyeongchang war das, als die Russen wegen der massiven Dopingverstrickungen gerade ausgeschlossen waren.

So könnte es wieder kommen. Russland ist zwar raus – und könnte dennoch dabei sein. Man kann das salomonisch nennen – oder eben feige.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!