Konflikt in syrischer Kurdenregion: Aufstand arabischer Stämme

Kämpfe in Nordostsyrien fordern mehr als 150 Tote. Vertreter der Bevölkerung verlangen Autonomie und mehr Geld aus Öleinnahmen.

Zwei Autos stehen auf einer Straße, Männer heben ihre Arme in die Luft

Militante arabische Kämpfer rebellieren in den Kurdengebieten im Nordosten Syriens Foto: Rami Alsayed/NurPhoto/imago

BERLIN taz | Während es vor allem im Süden Syriens zu Straßenprotesten gegen das Assad-Regime kommt, sind die syrisch-kurdischen Machthaber im Nordosten des Landes mit einem Aufstand arabischer Stämme konfrontiert. Mehr als 150 Tote haben die Auseinandersetzungen bereits gefordert, die am vorvergangenen Sonntag begannen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von den schlimmsten Kämpfen seit Jahren in der Region, die einst das Stammland der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) bildete.

Seit der IS 2019 den letzten Zipfel seines Terrorkalifats verlor, haben in den syrischen Gebieten östlich des Euphrats kurdische Kräfte der sogenannten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) das Sagen, ein Milizenverband, der US-Unterstützung genießt. Diese Milizen waren es, die den IS am Boden bekämpften, während eine von den USA geführte Militärkoalition die Dschihadisten aus der Luft bombardierte. Im Zuge der Kampfhandlungen rückten kurdisch dominierte Truppen auch in mehrheitlich arabische Gebiete vor, die bis heute unter SDF-Kontrolle stehen. Die USA haben aktuell rund 900 Sol­da­t*in­nen in der Region stationiert.

Widerstand arabischer Stämme gegen die kurdische Vorherrschaft regt sich vor allem in der Region Deir al-Zor. Auslöser war die Festnahme des arabischen Milizenführers Raschid Abu Khawla, der unter der kurdischen „Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien“ lokal Macht ausübte. Aufgrund von Korruptionsvorwürfen wurde er seines Amtes enthoben; anschließend kam es zu Kämpfen zwischen Bewaffneten und SDF-Kämpfern.

Einem Bericht des Portals Al-Monitor zufolge liegen dem Konflikt unter anderem seit Langem köchelnde arabisch-kurdische Spannungen zugrunde. Während einige arabische Stämme Autonomie fordern, hätten andere zur Ruhe aufgerufen. „Die Ideologie der SDF – eine Mischung aus säkularer linker Politik und kurdischer Selbstbestimmung – erwies sich als starker Motivator auf dem Schlachtfeld gegen den IS“, analysiert das Portal, „in der eher religiös-konservativen Region Deir al-Zor mit arabischer Mehrheit war diese jedoch unerwünscht, wo die Einheimischen der kurdisch geführten Regierung einen autoritären Ansatz vorwerfen.“

Verschiedene Akteure sollen Konflikt angeheizt haben

Doch auch die Syrienpolitik der USA spiele eine Rolle. Washington hat demnach die kurdische Selbstverwaltung in der Region ermöglicht, ohne eine Strategie zu verfolgen, die der ölreichen Region Wachstum bringt. Vertreter der arabischen Bevölkerung beklagen unter anderem, dass sie nicht genügend von den Öleinnahmen profitieren.

Die SDF streiten ab, arabische Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren. Sie werfen verschiedenen Akteuren in der Region vor, den Konflikt anzuheizen. „Der türkische Staat und der Iran, Russland sowie die Regierung in Damaskus versuchen, mit bewaffneten Gruppen das Projekt der Selbstverwaltung zu torpedieren“, ließ sich Zidan al-Assi vom Verteidigungsbüro der Selbstverwaltung am Montag zitieren.

Auch wenn im Nordosten Syriens seit Jahren relative Ruhe herrscht, hat das von Iran und Russland unterstützte Assad-Regime angekündigt, die kurdisch kontrollierte Region langfristig wieder unter seine Kontrolle bringen zu wollen.

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