Läufer Haftom Welday will zu Olympia: Schnelle Laufbahn

Haftom Welday ist innerhalb von wenigen Jahren einer der besten deutschen Marathonläufer geworden – dabei mochte er das Laufen als Kind gar nicht.

Marathonläufer Haftom Welday läuft durch einen Banner und über eine Zielline. Im Hintergrund sieht man das Brandenburger Tor.

Schnell in vielerlei Hinsicht: Haftom Welday beendet den Berlin-­Marathon 2022 als bester Deutscher Foto: Andreas Gora/dpa

HAMBURG taz | Sein großes Ziel: Olympia 2024. Dafür muss er die 42,195 Kilometer noch eine Minute schneller laufen. Haftom Welday ist sich sicher, er schafft das. Er ist einer der schnellsten deutschen Läufer, dabei hat die Karriere des 33-Jährigen gerade erst begonnen. Das ist ungewöhnlich spät für einen Leichtathleten.

Innerhalb von wenigen Jahren hat sich der 1,76 Meter große Mann nach vorne gekämpft. Hinter Welday liegt ein schwerer Weg bis zu dem Punkt, an dem er jetzt ist. So hatte er als Kind überhaupt nichts mit dem Laufen zu tun – im Gegenteil: „Damals habe ich das Laufen gehasst,“ erzählt er lachend. Er ist im Norden Äthiopiens aufgewachsen, träumte als kleiner Junge von einem eigenen Laden: „Meine Mutter besaß einen kleinen Kiosk und da habe ich ihr lange geholfen.“

Es kam anders: 2014 musste der damals 24-Jährige die Region Tigray wegen eines Krieges verlassen – gekämpft wurde dort auch bis vor einigen Monaten wieder. Welday begab sich auf die gefährliche Flucht durch die Sahara und über das Mittelmeer. Seine neue Heimat wurde Pattensen in Niedersachsen – und brachte ihn mangels gutem ÖPNV-Angebot zum Laufsport. „Dass ich schnell laufen kann“, schreibt er auf seiner Internetseite, „merkte ich, als ich drei Kilometer rennen musste, um einen Bus zu kriegen.“ Weldays erster Erfolg: das Deutsche Sportabzeichen, das ihm Friedrich Weber vom TSV Pattensen im Sommer 2015 abnahm – und dabei schnell Weldays Talent entdeckte. Daraufhin begann der Athlet mit dem regelmäßigen Lauftraining und ersten Wettkämpfen.

Seit Dezember 2021 wohnt er mit seiner Frau und den drei Kindern in Hamburg. Und er fand Unterstützung für seine sportlichen Ambitionen: Der „Laufladen“ half mit der Vermittlung von Spenden und Sponsoren, ein ehrenamtliches Team hat sich gebildet. „Alle glauben an mich und ich will zeigen, dass ich es schaffen kann und dass ich alles gebe.“

Training mit dem Idol

Seit Mai befindet er sich in Äthiopien im Höhentrainingslager. Vor ihm liegt ein wichtiger internationaler Wettkampf: die WM in Budapest am 27. August. Die Olympianorm von 2:08:10 Stunden hat er klar vor Augen, aber es geht ihm auch um etwas anderes: „Ich will vor allem weitere Erfahrungen sammeln, denn für mein Ziel von Olympia 2024 ist es wichtig, bei internationalen Wettkämpfen mit der Elite mitzulaufen.“ Nervös sei er nicht, das betont Welday, er freue sich, „bei der WM für Deutschland antreten zu können“.

Seit September 2022 ist er deutscher Staatsangehöriger, ein paar Tage danach lief er in Berlin persönliche Bestzeit und deutsche Jahresbestzeit – und knackte mit 2:09:06 Stunden die WM-Norm. Im November wurde er in den Bundeskader des Deutschen Leichtathletik-Verbands aufgenommen.

Welday liebt das Laufen: „Wenn ich das nicht tue, dann fühle ich mich nicht wohl“, sagt er. Und wirkt immer noch erstaunt: „Als ich mit dem Laufen angefangen habe, hätte ich niemals gedacht, dass ich jetzt als Profi unterwegs sein kann.“ 2019 war er noch als Fan zum Berlin-Marathon gefahren, um sein Idol Kenenisa Bekele für ein Selfie abzufangen – es klappte. Nun trainieren beide schon mal zusammen, in Äthiopien.

Zeit für andere Dinge bleiben dem 33-Jährigen kaum. Wenn er nicht im Trainingslager ist, sondern zu Hause in Hamburg, hat er mittlerweile ab und zu einen besonderen Nachwuchs-Trainingspartner: seinen 11-jährigen Sohn Matheus. „Wir laufen ein lockeres Training und kurze Strecken auch mal zusammen, oder aber er begleitet mich mit dem Fahrrad durch Hamburg – das sind dann meistens so 25 bis 30 ­Kilometer.“

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