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Protest für Postspäti

Der Eigentümer verlängerte den Mietvertrag nicht, nun musste ein Spätkauf im Laskerkiez schließen

Von Peter Nowak

An­woh­ne­r*in­nen im Laskerkiez wollen sich mit der Schließung „ihres“ Postspätis nicht abfinden. Seit einen Monat hat der Spätkauf in der Corinthstraße 60 in Friedrichshain geschlossen. Unter dem Motto „Wir wollen unseren Postspäti zurück“ versammelten sich trotz regnerischen Wetters am Samstagnachmittag rund 70 Menschen vor dem nun leer stehenden Laden. Die meisten De­mons­tran­t*in­nen kamen aus der Nachschaft.

In kurzen Redebeiträgen erklärten viele Teilnehmer*innen, was ihnen der Laden bedeutet hat. „Dort habe ich regelmäßig meine Pakete aufgegeben“, sagte ein Nachbar, der seine kleine Tochter im Kinderwagen dabeihat. „Hier habe ich mich immer mit meinen Nach­ba­r*in­nen getroffen und geklönt. Diesen Ort lasse ich mir nicht nehmen“, sagte eine Frau.

Die Frau zeigt auf die Holzbank, die Nach­ba­r*in­nen wenige Tage nach Schließung des Spätis in Eigenregie gebastelt und vor dem leeren Laden aufgebaut hatten. „Gemeinsam haben wir die Kiezbank gebaut, um den Platz wiederzubeleben, sagt ein Nachbar stolz. Mehr als 300 Nach­ba­r*in­nen hatten einen Aufruf für den Erhalt des Spätis unterschrieben, seit der Schließung treffen sie sich dort regelmäßig.

Zustimmung zu den Beiträgen kommt auch von Be­woh­ne­r*in­nen aus den umliegenden Häusern, die die Kundgebung von ihren Fenstern und Balkonen verfolgen. Besonderen Applaus bekommt Franziska, die langjährige Betreiberin des Spätis, als sie sich in einer kurzen Rede für die Unterstützung bedankt. Der taz erklärt sie, dass der Gewerbemietvertrag für den Laden ausgelaufen sei und der Eigentümer einer Bitte um Weitervermietung nicht entsprochen habe.

Der Karlsruher Eigentümer Friedrich H. zeigte sich wiederum überrascht über die Treue der Ber­li­ne­r*in­nen zu ihren Spätis. „Schön wäre es, wenn alle die, die sich jetzt melden, auch im Späti eingekauft hätten. Dann wäre er vielleicht nicht geschlossen worden“, meint H. mit Verweis auf die geringen Gewinne in den Läden zur taz. Er betont auch, dass der Mietvertrag regulär ausgelaufen sei und der Laden grundsaniert werden müsse. „Da es noch keinen Nachmieter gibt, könnten sich In­ter­es­sen­t*in­nen melden“, sagt er.

H. verweist auch auf einen Getränkemarkt in der Nähe, der möglicherweise Aufgaben des bisherigen Spätkaufs übernehmen könnte. Auch die In­itia­to­r*in­nen der Kundgebung hoffen auf baldige Gespräche mit dem Eigentümer. „Wir hoffen, durch die Kundgebung gezeigt zu haben, dass der Weiterbetrieb des Spätis für den Kiez sehr wichtig ist“, erklärt Timo Steinke von der Stadtteilinitiative „Wem gehört der Laskerkiez?“

Das Anliegen der An­woh­ne­r*in­nen unterstützt auch Julian Schwarze, Sprecher für Stadtentwicklung in der Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus. „Der Postspäti war für die Nachbarschaft ein Teil der nachbarschaftlichen Grundversorgung im Kiez“, sagt er. Auch Schwarze will sich beim Eigentümer für eine Lösung im Sinne der Nachbarschaft einsetzen.

Was die protestierenden Nach­ba­r*in­nen auf keinen Fall wollen, brachte am Samstag ein Mann unter Applaus auf den Punkt. „Bloß kein weiteres Nobelrestaurant oder noch ein Apple Store“, ruft er.

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