DFB-Team auf WM-Kurs: Tippitoppi Volltreffer

Ein smarter Auftakt am Yarra River: Das deutsche Team startet standesgemäß mit 6:0 gegen überforderte Kickerinnen aus Marokko in die WM.

Spielerin Alexandra Popp jubiliert im Stadion, umringt von Teamkolleginnen

Poppi telefoniert mit Papi: Jubelgeste von Angreiferin Alexandra Popp Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Die Ehrenrunde trug fast ausufernde Züge. Ganz gemächlich schlenderten die deutschen Fußballerinnen über den Rasen des Rectangular Stadium von Melbourne, als weite Teile des australischen Eventpublikums längst den Heimweg angetreten hatten. Die noch geschonte Lena Oberdorf trug demonstrativ fürsorglich das von Klara Bühl gehäkelte Koala-Maskotten „Waru“ im Arm, obwohl es eigentlich keinen Glücksbringer gebraucht hätte, um optimal in diese Frauen-WM zu finden. Mit einem ungefährdeten 6:0 (2:0)-Kantersieg überrollte Deutschland im ersten Gruppenspiel den Debütanten Marokko und erwischte damit im Gegensatz zu anderen Titelanwärtern einen überzeugenden Einstieg in die Mission zum dritten WM-Stern.

Die sichtlich erleichterte Martina Voss-Tecklenburg analysierte ohne jeglichen Überschwang eine Begegnung, in der das erste arabische Team auf dieser Bühne letztlich nicht konkurrenzfähig wirkte. „Wir haben nicht gegen den stärksten Gegner der Gruppe gespielt, aber das gibt uns Rückenwind – und eine gute Basis“, sagte die Bundestrainerin: „Es war noch nicht alles tippitoppi. Aber wir sind geduldig und hartnäckig geblieben.“ Der erste Schritt sei gemacht. Die Verbindung in diese WM stellte einmal mehr die Wort- und Spielführerin her: Alexandra Popp schnürte einen Doppelpack, der die Mitspielerinnen mitriss. Erst nickte die 32-Jährige nach Flanke von Kathrin Hendrich und Irrflug der marokkanischen Keeperin Khadika Er-Rmichi ein (11.), um dann artistisch im Rückwärtsfallen den Ball nach Ecke von Klara Bühl mit dem Hinterkopf über die Linie zu bugsieren (39.).

Wie schon bei der WM 2019 in Frankreich deutete die Bundesliga-Torschützenkönigin jeweils eine Jubelgeste an, um wie E.T. nach Hause zu telefonieren, womit sie jetzt ihrem verstorbenen Vater gedachte, wie sie später in der Pressekonferenz andeutete. In der ersten Reaktion beteuerte sie: „Ich bin mega, mega happy, dass wir so ein Auftaktspiel auf den Platz bringen konnten. Das gibt auch mir extrem viel Kraft, so zu starten.“

Popps Treffer kaschierten eine nicht vollends überzeugende erste Hälfte. Im Spielaufbau fehlte wie in den Testspielen gegen Vietnam (2:1) und Sambia (2:3) teilweise die Präzision, aber daraus erwuchs kein Grundsatzproblem, weil dem Weltranglisten-72. schlicht die Mittel fehlten. „Das geht im Timing besser“, betonte Voss-Tecklenburg, wollte aber „nicht zu kritisch“ sein. Denn schließlich erzielte Klara Bühl nach dem gegnerischen Anstoß zur zweiten Hälfte mit energischem Abschluss das dritte Tor (46.).

Unbeholfene Eigentore

Und nach doch arg unbeholfenen Eigentoren von Ait El Haj (54.) und Zineb Redouani (79.) war es der eingewechselten Lea Schüller vorbehalten, das halbe Dutzend vollzumachen (90.). Es sprach für den hohen Anspruch, dass die auf die rechte Verteidigerposition zurückversetzte Ersatzkapitänin Svenja Huth an diesem kühlen Abend noch herausarbeitete: „Wir haben eine ordentliche Leistung geliefert, aber die leichten Ballverluste müssen wir gegen andere Gegner vermeiden.“

Parallelen zum fast berauschenden Auftakt bei der EM in England zog niemand. Vor einem Jahr hatten die DFB-Frauen bereits gegen Dänemark (4:0) technisch, taktisch und läuferisch in Titelform agiert. Diesmal war es ein smarter Start am Yarra River, der Lust auf mehr machte – nicht mehr und nicht weniger. Die Bundestrainerin wusste, dass der Sechserpack gegen den Novizen aus Nordafrika nicht gleich zum Übermut verführen sollte: „Wir drehen nicht durch – weder in die eine noch die andere Richtung.“ Es wird im zweiten Gruppenspiel gegen Kolumbien in Sydney (Sonntag, 11.30, ARD) deutlich mehr Widerstand geben.

Dass die Ausfälle der Defensivkräfte Marina Hegering, Lena Oberdorf und auch Sjoeke Nüsken am Montag keine negativen Auswirkungen hatten, macht Hoffnung. Zum einen habe der zweifache Weltmeister damit noch „etwas in petto“, wie Voss-Tecklenburg erklärte, zum anderen sind frühe Spielzeiten der Ersatzkräfte fürs Zusammenwachsen hilfreich.

Sara Doorsoun in der Abwehrmitte oder Melanie Leupolz in der Mittelfeldzentrale lösten ihre Aufgaben solide. Dazu sammelte selbst Stimmungskanone und Kabinen-DJ Laura Freigang als Einwechselspielerin bereits im ersten WM-Spiel mehr Einsatzminuten als bei der gesamten EM. „Wir haben ein Signal gesetzt, damit Deutschland mitbekommt, was hier los ist“, flötete die Frohnatur.

Dass die Besucher in der Halbzeit mit Handylichtern eine bessere Stimmung erzeugten als während des Spiels, ist darauf zurückzuführen, dass der kosmopolitische Großraum Melbournes die vielen Sportangebote allein aus dem Blickwinkel der Unterhaltung betrachtet.

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