Rassismus in Berlin: Ber­li­n­­­­e­­r*in­nen entlarvt

Schü­le­r*in­nen der Nelson-Mandela-Schule haben eine Straßenumfrage gemacht. Sie stießen auf große rassistische Vorurteile.

Gedenken an die Anschläge von Hanau am Berliner Karl-Liebknecht Haus im Februar 2022 Foto: dpa

BERLIN taz | Ein Geschäft wurde ausgeraubt. Es gibt keine Zeugen und keine Überwachungsvideos. Die einzigen Hinweise sind, dass der Täter männlich, von durchschnittlicher Größe und Figur und schwarz gekleidet ist. Bald wird ein Mann namens Ahmed festgenommen. Eine Waffe wird nicht gefunden. Ist der Mann schuldig – und wäre er es auch, wenn er Leopold hieße?

Diese Frage stellten sich die Acht­kläss­le­r*in­nen Sophia, Richard und Kilian*, deren Nachnamen auf Wunsch der Eltern nicht genannt werden und die auf die Nelson-Mandela-Schule in Charlottenburg-Wilmersdorf gehen. Sie sollten im Bio-Unterricht ein soziales Experiment entwickeln und kamen auf das Thema Rassismus. An der inklusiven Schule sei das Thema viel besprochen worden, doch Rassismus gegenüber Menschen mit türkisch oder arabisch klingendem Namen sei der Wahrnehmung der Schüler nach bislang zu wenig vorgekommen.

Die Jugendlichen schrieben zwei Fassungen der Geschichte, die sich nur durch den Namen des Verdächtigen unterscheiden. Zu jeder Fassung befragten sie circa 500 weiß aussehende Menschen auf Berliner Straßen, die angaben, die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen.

Im Anschluss an die Geschichte sollten die Befragten die Schuldigkeit des Verdächtigen beurteilen und anschließend eine Strafe vorschlagen, die ihnen angemessen erschien. Um das Projekt möglichst differenziert auszuwerten, gab es am Ende noch Fragen zur eigenen Person und politischen Denkweise der Befragten.

Unschöne Erfahrungen

Sophia berichtet, dass sie einige unschöne Erfahrungen bei der Befragung machen musste. Auf der einen Seite gab es Anfechtungen von Menschen, die sich selbst als rechtsextrem bezeichneten. Einer, berichtet sie, habe „seinen Ärmel hochgezogen und mir stolz sein Tattoo vom Hakenkreuz und anderen kritischen Symbolen gezeigt“.

Aber auch von Menschen, die sich als linksextrem bezeichneten, sei sie angeschrien worden. „Wir hatten eine Fangfrage“, sagt sie. „Sie lautete: Glauben Sie, dass Ihre Rasse besser als andere ist?“ Das Wort sei nicht politisch korrekt, so Sophia.

Aufgebaut auf den Antworten haben die Jugendlichen die Geschichten ausgewertet. Hierbei kam heraus, dass Ahmed generell, aber vor allem von rechtsextremen Menschen um ein Vielfaches mehr verdächtigt wurde. Auch seine Strafen fielen viel höher aus. Diese Art von Rassismus werde immer noch viel zu oft heruntergespielt, so die Schü­le­r*in­nen.

Loki Bartels und Lore Kuchenbecker sind derzeit Schülerpraktikantinnen bei der taz

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