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Kubicki schläft den Siegesrausch aus

LIBERALE Am Morgen nach dem Erfolg bei der Wahl in Schleswig-Holstein bleibt der FDP-Retter Wolfgang Kubicki im Bett – und der Bundesparteichef Philipp Rösler allein in Berlin

BERLIN taz | Spät meldete er sich doch noch zu Wort. Erst am Montagmittag dankte FDP-Chef Philipp Rösler dem Kieler Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki für einen „grandiosen Wahlkampf“. Den ganzen Wahlabend hatte Rösler nichts von sich hören lassen und keinen Kommentar zu den guten Wahlergebnissen der FDP in Schleswig-Holstein abgegeben. Kubicki hatte seinerseits darauf verzichtet, das gute Abschneiden seiner Partei wie üblich am Montag in Berlin zu feiern. Er schickte am Vormittag lieber den Ehrenvorsitzenden der schleswig-holsteinischen FDP, Jürgen Koppelin, mit einer simplen Erklärung vor die Kameras: „Er schläft seinen Rausch aus.“

Kubicki, der in Schleswig-Holstein auch mit Angriffen auf Röslers Bundeslinie punktete, hatte laut seiner Partei schon vor längerer Zeit angekündigt, am Morgen nach der Wahl nicht in die Hauptstadt zu fahren. Nachdem er am Sonntag nun mit 8,2 Prozent der Stimmen den sicheren Einzug ins Landesparlament schaffte, erschien an seiner Stelle der Kieler Arbeitsminister Heiner Garg (FDP) neben Rösler in Berlin – und erteilte dort einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP eine Absage.

Rösler nutzte die Gelegenheit zu einem Versuch, das gute Ergebnis im Norden auch auf sein Konto zu verbuchen. Es sei „für die Bundespartei eine Bestätigung des Kurses“. Auf die Frage, ob seine eigene Position nun stabilisiert sei, sagte er: „Das auf jeden Fall.“

Am Montag dementierte auch der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle Putschgerüchte, die am Wochenende um den angeschlagenen Parteivorsitzenden Rösler aufgekommen waren. „Es stehen keine Personaldebatten an“, sagte Brüderle. Auch mit Blick auf Kubickis Wahlkampf im Norden konnte er keine Spaltung in seiner Partei erkennen: „Die ganze liberale Familie war im Einsatz.“

Rösler selbst bewertete die Lage seiner Partei ähnlich romantisch: „Ich sehe die ganze FDP stabilisiert“, sagte er über die Kieler Landtagswahl. Putschgerüchte „von anonymen Personen“ sehe er dagegen „sehr gelassen“, sagte Rösler: „Sie sind substanzlos.“

KRISTIANA LUDWIG

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