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Ver.di spielt mit

Die Dienstleistungsgewerkschaft hat mit der Sports-Union eine Vertretung für alle Berufssportler geschaffen

BERLIN taz ■ Bierbäuche in Blaumännern sind in diesen Gewerkschaften selten. Auch Mitgliederversammlungen – wie bei der IG Metall üblich – finden nur gelegentlich statt. Sports-Union und die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV), die Gewerkschaften der Sportprofis, machen stattdessen den Eindruck von Unternehmensberatungen. „Die Mitgliedsbeiträge sind bei der Steuererklärung in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar“, liest man im Mitgliedsantrag der Sports-Union.

Letztere wurde im November 2001 ins Leben gerufen und bildet bei Ver.di die Fachgruppe Berufssport. Die Initiative dazu kam aus dem in der Sports-Union aufgegangenen Berufsverband der Basketballer. Noch stellt die Sportlergewerkschaft erst 290 der 2,6 Millionen Ver.di-Mitglieder. Aber es werden mehr.

In vielen Bereichen ist das Kind der größten deutschen Gewerkschaft inzwischen erfolgreich, 90 Prozent der Basketballnationalmannschaft sind hier organisiert. „Wir werden gebraucht“, lässt Sven Wehrmeyer wissen. Der 41-jährige Funktionär ist hauptamtlich bei der Sports-Union und als Basketballtrainer aktiv. Die Berufsvertretung bietet das volle Programm – Rechtsschutz, Karriereplanung, Hilfe bei Arbeitsverträgen.

Es kam sogar schon zum ersten Streik: Mehr ein Bummelstreik als ein wochenlanger Ausstand, genau genommen ein 48-Sekunden-Protest. Beim Allstar-Day der Basketball-Bundesliga im Januar sorgten beide Teams nach dem Anpfiff in der Kölnarena durch je 24 Sekunden Zurückhalten des Balls für einen Abpfiff und anschließenden Ballbesitzwechsel. Die Zuschauer forderten lautstark „mehr Bewegung!“, die Spieler Tarifgespräche mit der Liga.

Doch Lobby-Arbeit für Millionäre betreibe man nicht, heißt es aus der Ver.di-Zentrale. Ein Prozent vom monatlichen Bruttolohn schreibt die Satzung als Mitgliedsbeitrag vor. Tatsächlich bleiben die Gehälter der meisten Spieler, Boxer und Trainer unter der 3.000-Euro-Marke. Um die zukünftige Klientel besser einschätzen zu können, hat Sports-Union vor zwei Jahren 2.500 Spieler und Trainer anschreiben lassen.

Über 70 Prozent der Befragten gaben an, unter gesundheitlichen Belastungen zu leiden, jeder Zweite verfügte über keine Berufsunfähigkeitsversicherung. Dass fast zwei Drittel keine Berufsausbildung haben, kann im fortgeschrittenen Alter schnell ein Problem werden. Ein repräsentatives Bild des Profisports, befürchtet Wehrmeyer. Nach Angaben der Gewerkschaft begrüßen 71 Prozent der Sportler eine gemeinsame Interessenvertretung für alle Sportarten.

Ver.di will für seine Schützlinge nun ein Übergangsgehalt erkämpfen, das nach dem aktiven Sport durchaus zur „Gründung einer eigenen Firma“ genutzt werden kann. Solche Forderungen könnten sich als Eintrittskarte in den Profifußball erweisen. Dieser Ballsport ist allerdings das Revier der 1987 gegründeten VdV. Die Fußballergewerkschaft vertritt über 1.000 Spieler.

„Wir sind tariffähig und in den DFB-Gerichten vertreten“, sagt Sprecher Ulf Baranowsky selbstbewusst. In den meisten Mannschaften, bei Profis und Amateuren, habe man Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag ist je nach Arbeitsplatz und Einkommen – sprich: nach Liga – gestaffelt. Für vereinslose Spieler bietet die VdV ein kostenloses Trainingscamp an. Das Organisieren von Bundesliga-Spielern lohnt sich auch ganz unmittelbar: Die Internationale Spielergewerkschaft FifPro zahlt jährlich 200.000 US-Dollar an die Vertretung der deutschen Fußballer. Noch ist das zweifellos die Vereinigung der Vertragsfußballer.

Etwa 7.000 Berufssportler gibt es schätzungsweise bundesweit, 1.500 von ihnen will die Sports-Union in den nächsten Jahren rekrutieren. Das sei möglich, glaubt Silvester Stahl, Sportsoziologe an der Universität Potsdam. Er gibt aber zu bedenken: „Gelingen kann dies nur, wenn auch die ausländischen Sportler in Deutschland erreicht werden.“ Dann könne Berufssport mit seinen internationalen Arbeitsmärkten sogar „Modellcharakter für Gewerkschaftsarbeit der Zukunft haben.“

Bisher punktete die Sports-Union vor allem auch im Eishockey. Denkbar, dass die Berliner Eisbären gewerkschaftlich bald so gut organisiert sind wie die Arbeiter bei Opel Bochum in der IG Metall. HANNES HEINE

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