Lage im DFB-Lager: Der Ofen ist aus

Das 1.000. DFB-Länderspiel: Warum man hierzulande ohne Vorfreude oder Spannung auf das Jubiläumsspiel des Nationalteams schaut.

Training auf'mFrankfurter Campus: DFB-Kicker hopsen herum.

Training auf dem Frankfurter Campus: DFB-Kicker hopsen herum Foto: Thomas Frey/dpa

Der (!) internationale Match stieg am 5. April 1908 in Basel, es war das erste Nationalspiel einer Auswahl des DFB. Nicht nur der Artikel, bis heute in der Schweiz gebräuchlich, war ungewöhnlich, sondern auch die Umstände der Premiere. Viele deutsche Spieler erfuhren erst kurzfristig von ihrer Nominierung, teils aus der Presse.

Die Kicker kannten sich kaum, denn der DFB nominierte nicht etwa eine Vereinsmannschaft, sondern würfelte die Truppe bunt zusammen. Vorm Spiel besuchten alle Spieler gemeinsam den Basler Zoo und freuten sich über „endlose Zuschauermassen“ im Stadion. Es waren dann doch nur 3.500 Leute da, es hagelte und goss aus Kübeln.

Die Schweiz gewann, und seitdem ist viel Wasser den Rhein hinabgeflossen. Deutschland hat die Schweiz überflügelt, ist mehrmals Weltmeister geworden, die Wade der Nation wurde medial massiert, das kollektive Bewusstsein erlebte im Jahr 2006 ein High, doch jetzt geht fast unter, dass ein Jubiläum fürs DFB-Team ansteht: das 1.000. Länderspiel am Montag gegen die Ukraine.

Tiefes Tal

Ein kleiner Kreis zu jenem Auftakt in der Schweiz schließt sich. Damals wie heute steht das Team vor einer ungewissen Zukunft, über die eigene Spielstärke kann nur gemutmaßt werden. Man verspricht große Taten, eine erfolgreiche Zukunft, aber sicher ist man sich nicht. Der deutsche Fußball steckt seit Jahren in einer Baisse, das Tal scheint tief.

Nicht einmal Bundestrainer Hansi Flick kann erklären, warum Spieler wie İlkay Gündoğan oder Antonio Rüdiger in ihren Klubs tragende Säulen sind, im Nationalteam aber nur Stützen aus Balsaholz. Auch andere spielen papiern, und damit ist nicht jene Fähigkeit des Matthias Sindelar gemeint, das körperlose Spiel zu perfektionieren.

Ziehen die mit allen Wassern gewaschenen Profis das schwarz-weiße Trikot über, befällt sie eine Schwäche, eine merkwürdige Hemmung, an deren Diagnose noch die klügsten Köpfe scheitern. Ist das Nationale obsolet? Womit sollen sich Spieler und Fans identifizieren? Wofür steht diese Mannschaft noch?

Genaues weiß man nicht, aber sie könnte sich natürlich am Vergangenen orientieren und daran aufrichten. Man könnte aber auch mit den Ukrainern durch den Bremer Zoo schlendern und sich wie damals gegenseitig versichern, als freundlicher Verlierer vom Platz zu gehen. Man könnte das Trikot auf links tragen und ein paar Eigentore schießen. Oder mit Libero spielen. Ach, was wissen wir denn schon!?

Die Luft ist raus, irgendwie. Pfff. Wenn es doch wenigstens die 90 Minuten von damals auf YouTube gäbe. Aber nicht mal das ist vorrätig.

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