das wird: „Jeder Stoff hat eine eigene Bedeutung“
Weg mit den Stereotypen: Ein Festival in Bremen widmet sich der Dekolonisierung Schwarzer Kunst und Mode
Interview Robert Matthies
taz: Sheeko Ismail, warum muss Mode dekolonisiert werden?
Sheeko Ismail: Wenn man sich die kommerzielle Modewelt, die großen Labels und Designer*innen anschaut, ist alles weiß: Das Personal, aber auch die Stoffe, die genutzt werden, reproduzieren Stereotype. Es geht um Ausbeutung, um Geld und Profit, es geht darum, Kapital zu machen. Dabei geht das Interesse an den Menschen und die Menschlichkeit verloren, aber auch die Wertschätzung für die Stoffe: Aus welcher Kultur kommen sie und welche Bedeutung haben sie? Das wird komplett vergessen. Menschen werden ausgebeutet, sowohl ihre Kultur als auch ihre Würde.
Sie haben den Designer Paul Kadjo eingeladen, der in Deutschland geboren wurde und in Côte d’ Ivoire aufgewachsen ist. Er bringt Europa und Afrika in interkulturellen Austausch, entwickelt eine afrofuturistische Designsprache und setzt dabei auf Nachhaltigkeit. Das wäre also ein Gegenentwurf?
Genau, Paul Kadjo zeigt eine Fashion Show, ein Schwarzer Mann, der die afrikanische Mode voranbringen möchte. Seine letzte Show zum Beispiel war inspiriert von Stoffen der Maasai-Community in Kenia.
Die Alternative ist, eine neue, wertschätzende Mode zu entwickeln?
Sheeko Ismail
Projektmanager*in, Teamer*in, Poet*in und Aktivist*in, engagiert sich in der politischen Bildungsarbeit.
Ja, indem man sich mit den Menschen und auch mit den Stoffen auseinandersetzt. In afrikanischen Ländern gibt es über eine Million Stoffe und jeder dieser Stoffe hat eine eigene Bedeutung, eine eigene Kultur. Diese Stoffe haben die kommerziellen Fashion-Unternehmen und Designer*innen übernommen, um Kapital zu reproduzieren, ohne sich mit der Kultur auseinanderzusetzen. Das ist eine arrogante, dominante Haltung.
Auf dem Festival stellen sich Magazine vor, die Schwarzen gehören und Schwarze Themen behandeln. Welche Rolle spielen die?
Auch die Magazine sind in Deutschland sehr weiß. Es gibt wenige Black Owned Magazines. Auf dem Festival sind drei vertreten: „Magazin of Color“, „Gurlz with Curlz“ und „RosaMag“. Diese drei leisten unglaublich viel Arbeit, um die Sichtbarkeit von Schwarzen Menschen voranzubringen. „RosaMag“ bringt dabei die Perspektiven Schwarzer Flinta* voran. Es geht um Sichtbarkeit von Schwarzen Menschen und ihren Lebensrealitäten.
Sie haben eine Ausstellung kuratiert, die sich beim Festival mit einer feministischen und machtkritischen Betrachtung afrikanischer Königinnen auseinandersetzt. Worum geht es da?
Black Art & Fashion Festival, Eröffnung: Fr, 30. 6., 13 Uhr; bis So, 2. 7., Bremen, Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK), Teerhof 21; Eintritt gegen Spende
Feminismus wird hier meist in einer weißen, eurozentrischen Perspektive dargestellt. Auf dem afrikanischen Kontinent gab es unglaublich viele Königinnen, die sich mit Feminismus auseinandergesetzt und ihn mit ins Leben gerufen haben. Deren Perspektive wird nicht mitgedacht. Wir sind drei Künstler*innen – neben mir Maseho und Nicole Benewaah – und haben die Frage untersucht, welche Rolle Feminismus und Queerness bei afrikanischen Königinnen gespielt haben. Vor der Kolonisation gab es Königinnen, die offen queer waren. Dann kamen der weiße Mann und die christliche Missionierung und haben das alles zerstört und kriminalisiert. Es geht also um die Überschneidungen von Feminismus und Queerness, um eine Auseinandersetzung mit beiden Themen.
Was für Kunst zeigen Sie dort?
Es gibt ein Bild der somalischen Königin Araweelo zu sehen. Und es gibt ein Video mit Poesie, „Belonging“, das sich mit Stoffen auseinandersetzt. Und es gibt eine Fotoreihe „Echoes of Queens – Illuminating the Inner Yaa Asentewaa“, mit Bildern der Königin aus Ghana.
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