piwik no script img

Eishockeyprofi Draisaitl in HochformEin unglaublicher Lauf

Dem deutschen Eishockeyprofi Leon Draisaitl gelingt bei den Edmonton Oilers nahezu alles. Er knackt einen NHL-Rekord nach dem anderen.

Torschütze gegen die Vegas Golden Knights: Leon Draisaitl trifft nach Belieben Foto: John Locher/dpa

S chon mal was gehört von Fred „Cyclone“ Taylor? Nein? Dann sind Sie wohl kein intimer Kenner der Eishockey-Geschichte. Herr Taylor war in den Nuller- und Zehnerjahren des vergangenen Jahrhunderts einer der ersten Stars des damals noch jungen Profisports in Nordamerika. Er spielte für Klubs mit so klingenden Namen wie Vancouver Millionaires oder Renfrew Creamery Kings und bekam den Spitznamen „Wirbelsturm“ aufgrund seines explosiven Antritts.

Dieser Tage nun tauchte Cyclone Taylor wieder aus dem Dunkel der Eishockeyhistorie auf, weil Leon Draisaitl ihm eine Bestleistung abnahm: Der deutsche Nationalspieler in Diensten der Edmonton Oilers hat in den Playoffs in fünf Auswärtsspielen mehr Tore erzielt als Taylor vor sage und schreibe 105 Jahren.

Die sehr spezielle Referenz sagt vor allem eins: Draisaitl hat einen historischen Lauf. In den ersten neun Spielen der K.o.-Runde hat er bereits 13 Tore erzielt und dazu noch vier Torvorlagen gegeben. Der 27-jährige Kölner stellt ständig neue Rekorde auf – und reiht sich ein in Listen mit Namen, die nicht nur absolute Eishockey-Nerds kennen.

So hat der Deutsche in den ersten 45 Playoff-Spielen seiner Karriere 75 Scorerpunkte, also die Summe aus Toren und Assists gesammelt: Besser waren nur ein gewisser Wayne Gretzky und ein auch nicht ganz unbekannter Mario Lemieux. „Er spielt gerade auf einem anderen Niveau. Aber das sollte keine Überraschung sein, denn an vielen Abenden ist er der beste Spieler der Welt“, sagt Draisaitls Teamkollege Connor McDavid, der aktuell als allerbester Spieler der Welt gilt. Und Gretzky, der bekanntlich allerbeste Spieler aller Zeiten, ließ gar mitteilen, er sei „verzückt“ von Draisaitl – und dass für den „50 Tore in den Playoffs möglich sind, wenn er so weitermacht“.

Gefürchtet auch für seine brummige Art

Tatsächlich gelingt dem 1,88 Meter großen Draisaitl im Moment nahezu alles. Im ersten Spiel gegen Las Vegas schlenzte er den Puck von einer Position seitlich hinter dem Tor dem gegnerischen Torhüter absichtlich und dermaßen geschickt an die Schulter, dass der von dort ins Tor sprang. Es war einer von vier Treffern von Draisaitl in diesem Spiel. „Unglaublich“ fand das nicht nur Knights-Cheftrainer Bruce Cassidy, war allerdings trotzdem zufrieden, denn seine Mannschaft gewann 6:4, weil kein anderer Oiler getroffen hatte. Der Vier-Tore-Mann dagegen hatte extrem schlechte Laune: Draisaitl, von der Presse in Edmonton eh gefürchtet für seine brummige Art, war noch wortkarger als sonst. Auf die Frage, ob er trotz der Niederlage eine gewisse Genugtuung empfinden könne, gab es nur ein „No“, einen langen bösen Blick – und noch ein „No“.

Die von Gretzky prophezeiten 50 Tore sind natürlich utopisch, aber wenn Draisaitl so weitermacht, ist der Rekord für die meisten Tore in einem Playoff-Turnier möglich. Denn der liegt bei 19 Toren, zuletzt aufgestellt 1985 vom legendären Finnen Jari Kurri, der an der Seite von Gretzky ebenfalls für die Oilers spielte, aber 18 Spiele dafür brauchte. Ein Thema, das Draisaitl herunterspielt: „Ich weiß, es ist ein Klischee, aber ich denke immer nur bis zum nächsten Spiel“, sagte er nach einem Doppelpack am Samstag gegen Las Vegas.

Die Frage ist, ob Draisaitl genug Gelegenheiten bekommt, Kurris Bestmarke zu knacken. Denn am Montag verloren die Oilers zuhause 1:5 gegen die Las Vegas Knights, liegen in der Best-of-7-Serie mit 1:2 Siegen zurück und stehen am Mittwoch schon unter Zugzwang. Oder, wie es McDavid formuliert: „Wir müssen unser bestes Spiel spielen.“

Allerdings: Das Rennen um den Stanley Cup scheint so offen wie selten zuvor. Nachdem sich die Boston Bruins, die Überflieger aus der regulären Saison, schon in der ersten Runde verabschiedet haben, gibt es keinen klaren Favoriten mehr. Jeder scheint jeden schlagen zu können – auch die Oilers, gerade die Oilers, denn schließlich haben sie mit Draisaitl und McDavid den besten und auch den allerbesten Spieler der Welt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!