Roberto Blanco über Tennis: „Ich gehe dahin, um Spaß zu haben“

Den Entertainer fasziniert der Sport. Er hat sogar mit Novak Đoković Doppel gespielt und kann erklären, wie es mit dem Welttennis weitergeht.

Robert Blanco unterhält Tennisfans

Roberto Blanco bei den Gerry Weber Open 2007 in Halle (Westfalen) Foto: imago/PMK

taz: Herr Blanco, was lieben Sie am Tennis?

Roberto Blanco: Den Sport. Den habe ich schon als Kind geliebt. Tennis ist ein schöner, eleganter Sport. Ich habe mein allererstes Tennisspiel gesehen, im Libanon. An der Amerikanischen Universität von Beirut fand ein Turnier statt, da sind wir vom Internat aus hingegangen. Wer da gespielt hat, weiß ich nicht mehr, aber seit diesem Turnier bin ich Tennisfan. Ich selbst habe angefangen zu spielen, als ich meinen ersten Vertrag hatte. Das war in Monte-Carlo, es muss Mitte der 1960er Jahre gewesen sein. Ich durfte im Tennisklub dort ­spielen, und da war ein Lehrer, der mir erste Stunden gegeben hat.

Man sieht Sie oft bei großen Turnieren, wie Sie schon morgens Spiele anschauen. Was sehen Sie dort, was lernen Sie da?

Sie können auch sagen, wer sich ein Fußballspiel anschaut, schaut sich ein Fußballspiel an. Was lernt man da? Ich gucke mir das an, weil ich diesen Sport liebe. Ich habe so all die Großen gesehen: von Guillermo Vilas bis Roger Federer und Novak Đoković. Aber gelernt habe ich mit meinem Trainer. Ich habe später mit den Großen gespielt: Björn Borg, Ilie Năstase, oft haben wir Doppel gespielt und haben Pokale gewonnen.

1937 wurde Roberto Blanco in Tunesien als Sohn kubanischer Eltern geboren. Mit Songs wie „Ein bisschen Spaß muss sein“ und „Der Puppenspieler von Mexiko“ wurde er berühmt.

Seit Jahr­zehnten bereist Blanco die großen Tennis­turniere dieser Welt. Oft sitzt er schon am frühen Morgen in seiner Loge und be­obachtet die Spiele. Zu Show- und Benefizspielen trat er schon des Öfteren gemeinsam mit den Größen der Tenniswelt an.

Seit 1982 ist Blanco Ehrenmitglied der CSU, Franz Josef Strauß hatte ihm dies angetragen. „Meine Haut­farbe hat mir sehr geholfen“, hat Roberto Blanco schon oft gesagt, Rassismus gegen ihn als Farbigen, wie er sich selbst bezeichnet, habe er nie erlebt.

Lernt man einen Menschen im Tennisspiel besser kennen als im Gespräch?

Nein, wieso? Wenn man gerade Tennis spielt, kann man sich nicht unterhalten.

Ich meinte die Art, wie sich ein Mensch über einen verschlagenen Ball oder einen Satzverlust ärgert.

Wenn man gegen jemand spielt oder auch wenn man mit ihm Doppel spielt, dann lernt man den Charakter eines ­Menschen ganz gut kennen. Das ist ja bei jedem Sport so. Aber um das herauszufinden, bin ich nicht zum Tennis gegangen. Ich bin zum Tennis, um Spaß zu haben.

Trotzdem die Frage nach dem, was man über den Charakter erfährt.

Ich habe immer mit fairen und netten Sportlern gespielt. Es sind gute Freunde, die mit mir Tennis spielen. Es war immer eine faire Sache.

Enttäuscht wurden Sie noch nie?

Nein, es sind nette Leute. Enttäuscht ist man vielleicht am nächsten Tag, wenn man verloren hat. Aber beim Spiel selbst ist man nicht enttäuscht.

Sie haben in den 1960er Jahren mit dem Tennis begonnen. Damals schaffte gerade Arthur Ashe den Durchbruch, der erste Schwarze, der 1968 die US Open und später auch Wimbledon gewonnen hat. Hatte Arthur Ashe für Sie eine besondere Bedeutung?

Ich habe ihn in Wimbledon gesehen, aber ich bin ihm persönlich nicht begegnet. Leider. Er war ja der erste Farbige, der Wimbledon gewonnen hat. Vor ihm hatte es eine Frau gegeben, Althea Gibson, die in den 1950ern Wimbledon gewonnen hat und sehr gut spielt. Ich war stolz, dass unsere Farbe gewonnen hat.

Arthur Ashe hat sich für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung engagiert. War Ihnen das sympathisch?

Dazu muss ich sagen: Ich habe diese Sportler als Tennisspieler bewundert. Was sie privat machen, das hat mich nicht interessiert. Ich lebe mein eigenes Leben, und ich habe anderes zu tun, als zu schauen, was andere Menschen machen oder was sie nicht machen. Mich interessiert nur, was auf dem Platz geschieht. Ich habe alle Großen kennengelernt: Björn Borg, Ilie Năs­tase, Boris Becker, Ion Tiriac … Die haben mich als Spieler interessiert. Aber, ob die zu Hause in der Nase bohren oder was sie sonst machen, das interessiert mich nicht. Auf dem Tennisplatz sind sie meine Helden.

Ausnahmsweise eine Frage, die nicht vom Tennis handelt. Wie kam es zu Ihrer Freundschaft mit Muhammad Ali?

Ich habe Joe Louis kennen­gelernt, ich habe Muhammad Ali kennengelernt, und auch die deutschen Boxer kannte ich: Peter Müller, Bubi Scholz …

Ali kam bei Ihnen zum Frühstück vorbei, habe ich gehört.

Er hatte einmal in Zürich geboxt, und wir waren im selben Hotel. Vor der Tür hat mich Angelo Dundee gesehen, Alis Trainer. Dem fiel auf, dass ich Autogramme gab, und als er erfuhr, dass ich aus Kuba stamme, kam er zu mir. Dundee hat ja auch kubanische Wurzeln. Als er sich mir vorstellte, sagte ich ihm: Ich kenne Sie, ich bin doch Boxfan. Er fragte mich, ob ich Muhammad kennenlernen möchte. Dann bin ich mit meiner Tochter Mercedes in Alis Suite gegangen. Ich habe ein Foto, auf dem meine Tochter Ali mit Obstsalat füttert. Er fragte mich, wo ich wohne. München, antwortete ich, und er erwiderte, dass sein nächster Kampf in München sei. Ich sagte, dass ich ihn gern bei mir zu Hause begrüßen würde. Ja, sagte er. Ich fragte, ob er bei mir frühstücken wolle. Ja, Frühstück ist gut. Wir machten aus, dass ich ihn dann in München im Hotel Bayerischer Hof abhole. Ich bin hingefahren, im Hotel habe ich gesagt, dass ich zu Muhammad Ali will. Als er mich sah, rief er: „Hey, Roberto, here I am!“ Wir gingen raus, an den staunenden Presseleuten vorbei. Ich fragte ihn, ob er keinen Bodyguard brauche, aber Ali sagte: Quatsch, ich bin doch dein Bodyguard. Wir stiegen in meinen Wagen, und die Leute sind hinter uns hergefahren, mit ihren Autos, mit Taxis und allem. Verrückt. Zu Hause hat meine Frau gefragt: Was essen Sie gern? Erdbeeren, hat Ali gesagt, Erdbeeren mit Sahne. Meine Frau hat ihm einen riesigen Teller mit Erdbeeren zubereitet. Er hat alles aufgegessen, und dann sagte er: Bitte, bitte, verraten Sie Angelo nicht, dass ich das gegessen habe, sonst muss ich das Dreifache trainieren! Muhammad Ali war sehr nett. Auf der Fahrt zurück ins Hotel haben wir uns weiter sehr gut unterhalten. Er sagte mir, wie stolz er ist, dass ein Farbiger in Deutschland so viel Erfolg hat.

Sind Sportler auch Showmen? Gerade Boxer und Tennisspieler inszenieren sich auf großer Bühne, vor aller Augen.

Es gibt Showmen, natürlich. Novak Đoković ist für mich ein Showman. Auch Ilie Năstase war so jemand. Aber Roger Federer und Rafael Nadal sind keine Show­men. Die konzentrieren sich auf ihr Spiel, und vielleicht gehen sie irgendwann aus sich heraus. Aber Showmen sind sie nicht.

Gibt es Parallelen zwischen Showgeschäft und Tennis?

Parallelen finden Sie in jedem Beruf. Wenn Sie arbeiten, müssen Sie konzentriert sein. Das hat mit Tennis oder Showgeschäft nichts zu tun, es gibt da keine besondere Verwandtschaft.

Im Tennis gibt es oft die großen Konkurrenzen: Borg versus McEnroe, Navratilova versus Evert, Federer versus Nadal …

… die gibt es doch überall: im Showgeschäft genauso wie im Tennis. Der Sport lebt von der Konkurrenz.

Die Konkurrenz hat ja oft mit einer bestimmten Art, sein Tennis zu spielen, zu tun. Mögen Sie einen bestimmten Spielertyp mehr?

Ich mag schon die Art von Năs­tase und Đoković. Die spielen gut und machen doch ein bisschen Show. Ich habe ja mit Năs­tase Doppel gespielt. Das war in Düsseldorf. Vorher wurden wir interviewt, und ich sagte: Ich werde mein Bestes tun. Năstase sagte: Du tust, was ich dir sage. Ich: Selbstverständlich. Er: Du legst dich hin, ich mache den Rest. Wir haben sehr viel Spaß gehabt.

Hatten Sie mit Novak Đo­ko­vić auch Doppel gespielt?

Ja, das war in München und auch sehr lustig. Noch vor Đo­ko­vićs erstem Aufschlag ging ich zu ihm und sagte: Sieh zu, dass du einen Doppelfehler machst, dann komme ich zu dir. Okay, sagte er, und machte wirklich einen Doppelfehler. Moment, Moment, habe ich gerufen, bin zu ihm hin und habe ihm gezeigt, wie man den Ball hochwirft. Das Publikum hat sich kaputtgelacht. Ich sagte ihm dann noch: Spiel so, wie ich es dir gesagt habe! Und er servierte zwei Asse. Wir haben alle so gelacht. Das ist so ein Spaß!

Wir haben bislang nur vom Männertennis gesprochen. Wie interessiert sind Sie am Frauentennis?

Frauentennis hat sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert: in Stärke, in Technik, in Taktik, in allem. Wie die heute spielen, da könnten die von früher nicht mithalten, nicht einmal Steffi Graf. Es ist die Kraft, mit der heute gespielt wird, aber es ist auch das Material. Die haben solche Schläge drauf, dass man sich denkt: Das darf nicht wahr sein.

Sowohl das Männer- als auch das Frauentennis stehen ja vor einem Umbruch: Die Schwestern Venus und Serana Williams haben aufgehört, Roger Federer ebenso. Rafael Nadal und Novak Đoković werden nicht mehr so lange spielen. Trauen Sie sich eine Prognose zu, in welche Richtung sich der Tennissport entwickelt?

Die jüngere Generation, die 18- und 19-Jährigen, haben eine andere Art zu spielen und zu trainieren. Die spielen alle sehr kraftvoll. Aber als Federer angefangen hat, war er auch noch kräftiger. Das ändert sich mit dem Alter. Schauen Sie, ich bin jetzt 85 Jahre alt, und zum Glück habe ich noch genügend Kraft und bin gesund. Aber Tony ­Marshall, Costa Cordalis und andere sind leider schon ver­storben. Nun kommt eine neue Generation. Wenn Sie als Journalist 85 sind, wird um Sie herum auch eine neue Generation sein.

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