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Neuer Frankfurter OberbürgermeisterAus Syrien über Ulm in den Römer

Mike Josef gewinnt die Stichwahl am Main. Der SPDler hat eine klassische Aufsteiger-Biografie und etwas gemeinsam mit Linken-Chefin Wissler.

Mike Josef nach dem Gewinn der Stichwahl mit seiner Frau im Römer Foto: Boris Roessler/dpa

Frankfurt/Main taz | Ein weiter Umzug steht für Mike Josef zumindest nicht an. Seit 2016 ist er schon Planungsdezernent der Stadt Frankfurt. Vom Stadtplanungsamt in sein neues Büro mit dem Blick auf den Römerberg sind es nur wenige hundert Meter. Dort, im Frankfurter Rathaus, wird der SPD-Mann demnächst als Oberbürgermeister amtieren.

„Ich danke der Stadt, dass sie mir diese Chance gegeben hat“, sagt der Wahlsieger am Sonntagabend im Gedränge der Frankfurter M-Bar, wo die Sozialdemokraten ihren Erfolg feiern. Die Frankfurter SPD will jetzt endgültig aus dem Schatten der AWO-Affäre treten. Ihr einstiger Lokalmatador Peter Feldmann war wegen Bestechungsvorwürfen als OB abgewählt worden und verließ die Partei im Zorn. „Ich werde gewisse Strukturen verändern, dass klar ist, dass wir das alte Kapitel abgeschlossen haben“, sagt Josef.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere erinnert er dann an seinen langen Weg: „Ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Sie hat gemeint: ‚Weißt du noch, wie wir in den Achtzigern zusammen nach Deutschland gekommen sind?‘“

Einen „furiosen Aufstieg“ hat die Frankfurter Rundschau dem 40-Jährigen bereits vor seinem Wahlsieg bescheinigt. Mit vier Jahren kam er als Sohn aramäischer Christen aus Syrien nach Deutschland. In Ulm wuchs er in einer bescheidenen Wohnsiedlung auf, absolviert die Realschule und schafft es schließlich an die Uni.

Als Studentenvertreter der Frankfurter Goethe-Universität macht er in den Nuller Jahren erstmals von sich reden. Zusammen mit der heutigen Linken-Vorsitzenden Janine Wissler startet er eine spektakuläre Kampagne des Asta gegen die Studiengebühren, die die CDU geführte Landesregierung eingeführt hat. Bei der Landtagswahl 2008 verliert die Regierung Roland Kochs ihre Mehrheit. Die Studiengebühren werden abgeschafft – ein erster großer Erfolg.

Vom Vorgänger abgesetzt

Nach seinem Politikdiplom wird Josef Gewerkschaftssekretär. Als 30-Jähriger übernimmt er schließlich den Vorsitz der Frankfurter SPD, damals hinter CDU und Grünen nur noch Nummer drei im Römer. An der Seite seines damaligen Genossen Feldmann feiert er mit ihm bald überraschende Erfolge.

In der AWO-Affäre setzt er sich aber rechtzeitig von dem unter Bestechungsverdacht stehenden OB ab – zögerlich, sagen seine Kritiker, zu Unrecht und in einem Akt der Vorverurteilung, kritisieren bis heute SPD-Linke. Doch inhaltlich setzt Josef auf die Themen, mit denen auch Feldmann erfolgreich war. Bezahlbare Wohnung, kostenfreie Kitas, eine auf den Klimaschutz ausgerichtete Verkehrswende.

Im ersten Wahlgang liegt er zwar vor der Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann, aber mehr als 10 Prozentpunkte hinter dem CDU-Bewerber Uwe Becker. In der Stichwahl erreicht er am Sonntag dann aber 51,7 Prozent.

Zeichen für den Herbst?

Die Nachricht lockt auch Bundesprominenz in den Römer. Die SPD-Landesvorsitzende, Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist gekommen. „Es ist ein gutes Zeichen für die Weltoffenheit und Toleranz dieser Stadt“, sagt sie und freut sich über den „Rückenwind“ für ihre eigenen Ambitionen auf das Amt der hessischen Ministerpräsidentin.

Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. „Das ist so geil“, freut sich ein Juso in der jubelnden Menge und macht sich Hoffnung auf mehr: „Die Nancy ist die nächste, die gewinnt“, sagt er. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: In einer aktuellen Umfrage liegt die Landes-SPD hinter CDU und Grünen auf dem dritten Platz.

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1 Kommentar

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  • Gut dass er es geschafft hat möchte keinen CDU OB habne