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Judy Lybke über 40 Jahre Kunsthandel„Ich bin der Fährmann“

Anfangs stellte Judy Lybke Kunst in seiner Wohnung aus. 40 Jahre später ist seine Galerie Eigen + Art prominente Adresse für zeitgenössische Malerei.

Judy Lybke in seiner Galerie Foto: Stefanie Loos
Interview von Tom Mustroph

wochentaz: Judy Lybke, angesichts der großen Namen der Maler, die Sie vertreten, geraten die eher bescheidenen Anfänge leicht in Vergessenheit. Angefangen hat es mit einer Ausstellung am 10. April 1983 in ihrer Wohnung in Leipzig. Sie sollen die Besucher damals nackt an der Wohnungstür begrüßt haben, weil Ihr Hauptjob zu jener Zeit Aktmodell war. War das überhaupt erlaubt: Ausstellungen in der Wohnung im tiefen sächsischen Osten?

Judy Lybke: Private Galerien waren in der DDR verboten, aber ich war 22 Jahre alt, und Verbotenes war mir gerade recht. Aktmodell war ich, da ich Studien- und Arbeitsverbot hatte. Da blieb mir nur noch Kirche, die Arbeit auf dem Friedhof oder eben, Modell zu stehen. Für Porträt gab es 8 Mark die Stunde, für Akt 12 Mark. Also war ich an den Kunsthochschulen Aktmodell. Zu den ersten Eröffnungen bei mir in der Wohnung stand ich dann nackt in der Wohnungstür und war so auch ein gewisses Hindernis für Leute, die keine Freunde waren, einfach reinzukommen. Gezeigt habe ich Arbeiten von Freunden – Performance, Fotos, Zeichnungen, Objekte. Das waren alles Leute, die nicht an der Kunsthochschule angenommen waren, die ich aber beim Modellstehen bei den Vorbereitungskursen der Abendschule kennengelernt habe. Eher die Verlierer so wie ich. Erst später kamen dann auch Künstlerinnen und Künstler dazu, die auch studiert hatten.

Wann haben Sie das erste Mal bemerkt, dass man mit Kunst nicht nur tolle Partys veranstalten und jede Menge Leute kennenlernen, sondern auch richtig Geld verdienen kann?

Es stimmt, Geld verdienen war damals in meinen Augen geradezu obszön. Das machte der Staat, und den boykottierte ich ja. Wir waren jung, wollten Party machen, hübsche Frauen kennenlernen und etwas bewegen. Erst als die Mauer fiel, wurde mir klar, dass Kunst auch ­einen pekuniären Wert hat und dass Geld ein Transportmittel zwischen Künstler und Käufer ist. Los ging das aber etwas später, eigentlich damit, dass wir 1993 in New York eine temporäre Galerie aufgemacht haben. Allerdings haben wir da auch noch kein Geld verdient, niemand hat da in der Zeit Geld verdient. Das Haus Prince Building in SoHo, wo damals alle Galerien waren und in dem wir ausgestellt haben, war komplett leer. Gewohnt haben wir in der Alphabet City, damals ein No-Go! Auf den Straßen liefen sie noch mit der Waffe in der Hand herum. Aber wenn du dann selbst in der Gegend fünf mal hin und her gelaufen bist …

Im Interview: Gerd Harry Lybke

Der Mann

Gerd Harry „Judy“ Lybke, 62, ist einer der erfolgreichsten Galeristen nicht nur in Berlin, sondern in Deutschland überhaupt. Werke seiner Künst­le­r*in­nen wechseln teilweise für Millionenbeträge den Besitzer. Neo Rauch, das Zugpferd der Galerie, leitete die Wiederentdeckung der Malerei in Zeiten von Fotografie und Video ein.

Der Spitzname

„Judy“ wurde Lybke schon als Kind genannt, weil er der von Johnny Whittaker dargestellten Figur des Jody aus der (West-)Fernsehserie „Family Affairs“ ähnlichsah. Aus Jody wurde auf Sächsisch Judy, wer ihn so ansprach, outete sich damit zugleich als jemand, der Westfernsehen guckte.

Die Galerie

Am 10. April feiert Lybkes Galerie Eigen + Art ihren 40. Geburtstag. Zeit für einen Rückblick auf wilde Jahre und einen Ausblick in das Geschäft mit der Kunst. Das betreibt Lybke längst nicht mehr als Spiel mit einer ­Jahrgangskohorte. Manche der Künst­le­r*in­nen wie auch der Mit­ar­bei­te­r*in­nen könnten rein altersmäßig seine En­ke­l*in­nen sein.

… ohne Waffe, vermute ich …

… ja, klar, da haben die Leute dich wiedererkannt und gesehen, okay, der gehört hierher, der wohnt hier, den überfallen wir nicht. Im Prince Building sollten wir eigentlich auch eine horrende Miete zahlen. Aber da haben wir gesagt: Geht nicht, haben wir nicht. Also habe ich einen Vorschlag gemacht: Wenn ich die Treppe hochgehe, die 18 Etagen, mache ich immer mal Licht an, und wenn ich runtergehe – ich musste gehen, weil der Fahrstuhl auch nicht fuhr, die haben damals nichts investiert in das Haus –, mache ich wieder Licht aus. Dann denken die Leute, hier ist was los. Diese Idee fanden sie so super, dass sie mir die gesamte obere Etage gegeben haben. Ich musste aber für den Doorman bezahlen. Das war nicht so viel. Das teilte ich mir mit dem einzigen weiteren Mieter des Hauses – der legendären Galerie Leo Castelli.

Klingt klasse, frisches Geld kam aber immer noch nicht, oder?

Ich habe dann immer weitergemacht, 1993 und 1994 bin ich nach London gegangen mit der temporären Galerie. Und irgendwann später ergab es sich, dass die Amerikaner und Amerikanerinnen mal nach Berlin kommen wollten. Die sind dann auf mich zugekommen, wegen Hotelfragen und solchen Dingen. Die kannten mich ja. Und mit dem Seitenblick haben sie auch mal geguckt, was ich habe. Richtig los ging es dann erst mit der Armory Show in New York. Wir hatten die einzige Malerei auf der ganzen Messe: figürlich, vier Ecken, Leinwand. Neo Rauch. Damals war der vollkommen unbekannt. Und Roberta Smith, die Kunstkritikerin der New York Times, stand dort und dachte, ihr schlägt der Blitz ins Gesicht: dass das erlaubt ist, Malerei zu zeigen. Damals war natürlich Fotografie und Video auf dem Siegesmarsch. Wenn du heute auf eine Messe gehst, hast du nur noch ­Malerei. Und die armen Leute, die Fotos und Video machen, sind gar nicht mehr dabei. Also, es gibt Wellen, das hat erst mal nichts mit Qualität zu tun. Roberta Smith jedenfalls war vollkommen geschockt, dass jemand so etwas wagt.

Und wann kam dann der Durchbruch?

Ich glaube, das war 2002. Du siehst, es hat gedauert. Und dann wurde es richtig bekannt. Die Leute fragten: Wo kommt das eigentlich her? Wieso unterrichtet überhaupt noch jemand Malerei? Ist es nicht eigentlich verboten, „verboten“ in Anführungsstrichen natürlich. Und dann hat man gesehen, dass das in Leipzig ist und dass man dort den Studenten vergessen hatte zu sagen, dass Malerei tot sei. Arno Rink, der Professor, hat das einfach mal totgeschwiegen. Und er ist wohl der beste Professor für Malerei gewesen überhaupt! Und deshalb haben die weitergemalt. Alle anderen in Leipzig fanden es auch cool. Das waren dann aber die Einzigen.

Ein Alleinstellungsmerkmal wider Willen also?

Na ja, denk ans Stadion. Wenn du da immer im Kreis läufst und anfangs der Letzte bist, dann wirst du irgendwann, nach einigen Runden, auch mal der Erste sein, und die anderen kommen dir hinterher. Das war schön damals. Die haben Malerei gelernt, die konnten es auch machen. Und Neo hat dann für alle, die figürliche Malerei betrieben, die Tür so richtig aufgemacht. Plötzlich ging das wieder. Und dann hörte es auch auf, dass ich in den Galerien wohnen musste. Aber es hat doch länger gedauert.

1992, also noch eine Zeit vor dem internationalen Durchbruch, kamen Sie nach Berlin, schon hierher, in die Auguststraße. Die wurde später Galeriemeile, inzwischen ist sie für viele schon zu teuer geworden. Wie haben Sie damals die Situation erlebt?

Eigentlich wollte ich dorthin, wo alle anderen Galerien waren, nach Prenzlauer Berg. Die haben aber gesagt: Nee, Sachsen, verstehen wir nicht, wollen wir nicht. Und in Westberlin haben die gesagt. Der riecht so komisch, den wollen wir auch nicht.

Blieb also nur noch Mitte?

Genau. Sehr geholfen hat uns damals Jutta Weitz von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Die hat uns Räume angeboten. Und dann waren wir hier. Außer uns war hier niemand. Nur Friedrich Loock hatte schon die Galerie Wohnmaschine. Und Klaus Biesenbach war in der Margarinefabrik, später die Kunst-Werke. Aber sonst war niemand da. Man nahm auch niemandem etwas weg. Es wollte auch keiner her. Wenn es dunkel wurde damals, blieb es dunkel, denn es gab keine Straßenbeleuchtung. Warmwasser aus der Wand auch nicht, sondern Kohleheizung und Badeofen. Es war ein wenig wie Amerika. Man konnte sich einen Claim abstecken und den Namen draufschreiben. Im Gegensatz zu Amerika hat man auch keine Ureinwohner vertrieben.

Na ja, bei der Aktion „37 Räume“, damals von Klaus Biesenbach und den Kunst-Werken initiiert, sahen einige bereits die Gentrifizierung aufscheinen, mehr Galerien gab es im Kiez als Bäcker.

Aber es war noch eine komplett andere Kultur. Nur zur Erinnerung: Internet gab es damals noch nicht. Karten ­konntest du auch keine kaufen, weil niemand auf die Idee kam, Eintritt zu nehmen für eine Ausstellung oder Performance. Du musstest einfach im Kreis der Leute sein. Dann bekamst du einen Zettel zugesteckt, wo heute die Party ist. Und wenn du selber aktiv warst, war das die Eintrittskarte.

Kaum vorstellbar jetzt. Wann schlug das um?

Ab 1995/96 regierte dann hier auch das Geld. Und Berlin wurde, ich sag das mal so, mehr normal.

Was bedeutet normal in diesem Sinne?

Straßenbeleuchtung zum Beispiel, warmes Wasser. Ich bin auch froh, dass es weitergegangen ist. Ab 2001 ging das dann so weit, dass irgendwelche Eltern nicht nur Wohnungen für ihre Kinder kauften, sondern sagten: „Mach doch eine Galerie. Wir helfen dir.“

Da war Ihre Galerie schon mega­ eta­bliert. Haben heutzutage neue Künst­le­r*in­nen überhaupt noch eine Chance, von Ihnen aufgenommen zu werden? Und wie sind die Kriterien?

Qualität ist natürlich wichtig. Ich gehe vor allem nach Biografien. Passt das rein, ist das eine relevante Position innerhalb der Galerie? Haben wir das noch nicht? Wie stark ist das individuell geprägt? Das ist für mich eine wichtige Frage. Die nächste Generation hat andere Fragen, und die ganz Jungen werden wieder ganz anders rangehen. Wir haben aber eine gut gemischte Altersstruktur, auch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Galerie. Denn oftmals versteht man die eigene Generation am besten. Auch die Samm­le­r*in­nen kommen von dort und gehen den Schritt mit.

Das heißt, Eigen + Art geht genera­tionsspezifisch vor. Haben Sie bei den Jungen, die jetzt kommen, dann gar nicht mehr so viel zu sagen, weil die jungen Kol­le­g*in­nen entscheiden?

Freundlicherweise werde ich mit einbezogen. Ich finde das gut so, es bringt viel. Es ist genauso, wie wenn man eine Ausstellung macht. Wenn wir noch mal auf Neo Rauch zurückkommen wollen: Am Anfang haben Neo und ich immer versucht, die Hängung zu beeinflussen. Das führte dann dazu, dass jede Ausstellung aussah wie die vorherige. Und dann haben wir gesagt: Nein, halt, stopp! Der Kurator oder die Kuratorin will die Ausstellung machen. Trau ihm oder ihr, gib es in ihre Hände. Und du kommst zur Eröffnung oder einen Tag vorher. Deine Aufgabe ist es dann herumzulaufen. Sei schockiert, aber freue dich und sage, wie toll das ist, einen anderen Blick zu haben auf die eigenen Arbeiten.

Das hat sicher nicht sofort geklappt, oder?

Das hat ein paar Jahre gedauert, auch bei mir. Ich war ein super Kontrollfreak. Aber letztendlich bereichert es.

Wie bestimmen Sie eigentlich die Preise der einzelnen Werke?

Alles beginnt bei 500 Euro. Überall auf der Welt ist das so, da sind das dann 500 Dollar oder 500 Peseten. Du kommst von der Schule, fängst mit irgendwas an, und dann kommt eine Arbeit. Wenn die Leute was kaufen, kann man ein Stück höher gehen.

Welchen Einfluss hat Qualität auf den Preis?

Gar keinen, das gilt im niedrigen wie im ganz hohen Bereich. Der Preis hat vor allem damit zu tun, ob es Leute gibt, die sich für dieses Geld dies oder jenes leisten wollen. Bei uns fängt es doch schon bei 500 Euro an. Da denken wir schon drüber nach, wenn es um eine Winterjacke für 500 Euro geht. Gibt es das vielleicht auch für 250? Das reicht dann ja auch. Oder man sagt, ich brauche es jetzt. Dann zahlt man. Leute, die Kunst kaufen wollen, handeln nach demselben Motto. Es gibt dann aber Leute, bei denen dieses Nachdenken und Abwägen bei 5.000 Euro, bei 50.000 oder bei 500.000 einsetzt. Es liegt daran, in welcher Konstellation dein Leben gerade ist.

Was sind die höchsten Preise, die Sie von Käufern in den ökonomisch höheren Konstellationen mal erzielt haben?

Das lag zwischen 450.000 und 1,2 Millionen Euro. Es hängt natürlich auch davon ab, wie der Künstler oder die Künstlerin das sieht. Es gibt auch Künst­ler*in­nen, bei denen man viel mehr verlangen könnte, die sagen aber: Nee, will ich nicht, ich will noch immer die Oberhoheit haben über die zehn, zwölf Arbeiten, die ich mache im Jahr. Wenn ich ein ganz hohes Preisniveau ansetze, dann habe ich für meine zehn Arbeiten nur noch zwölf Leute, die sich das leisten können. Dann bin ich ausgeliefert. Ich möchte lieber 150 Leute haben, die sich das leisten wollen.“

Geht der Galerist, der ja auch Unternehmer ist, da fröhlich mit?

Wenn er langfristig arbeitet, sagt er: Gute Idee. Wenn es aber fünf Galerien sind, die den Künstler oder die Künstlerin vertreten, dann wird jede Galerie sagen: Nee, es muss immer höher gehen.

Welchen Einfluss nehmen Sie auf die Künstler*innen, auf das, was sie produzieren, und die Positionierung am Markt?

Gar keinen. Ich sage immer, ich bin der Fährmann. Ich bringe das Boot von A nach B, möglichst ohne dass es untergeht. Verformt wird di­e*der Künst­ler*in deswegen nicht. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, wenn du den Fährmann alle 14 Tage triffst: Wer ist am Ende der Fährmann? Aber es bleibt schon dabei, dass ich am Boot bleibe – nicht nur ich, sondern das ganze Team – und die anderen von A nach B bringe.

Das klingt mega bescheiden. In einem früheren Interview haben Sie mal gesagt: Wer auf dem Kunstmarkt mitmischen und keinen Mythos schaffen will in der Kunstgeschichte, braucht erst gar nicht aufzustehen. Das setzt ein Riesen-Ego voraus. Stehen Sie noch immer dazu?

Natürlich. Auch ein*e Künst­le­r*in braucht nicht aufzustehen, wenn er*­sie nicht unsterblich werden will. Dann kann er*­sie liegen bleiben. Kunstgeschichte zu schreiben, ist schon eine wichtige Triebfeder. Geld ist auch wichtig. Aber das kann man so oder so machen. Ich weiß auch nicht, ob „Ego“ es wirklich trifft. Es geht vor allem darum, nicht umsonst da gewesen zu sein. Ein*e Künst­le­r*in hat’s da gut. Er*­Sie hat ein Werk geschaffen. Und vielleicht bleibt das länger als der Mensch selbst. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich in diese Situation mit reinzuhängen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Zum Kunstbetrieb gehören auch Sammler. Wie geht man da vor, sie zu gewinnen und, wenn sie da sind, auch zu halten?

Wir versuchen einfach zu vermitteln, dass wir sie ernst nehmen. Wir haben auch kein Problem, wenn jemand für 500 Euro kaufen will. Schön ist es, wenn sich jemand mit Herzblut hinein­begibt. Das ist auch für den Künstler oder die Künstlerin toll. Und wenn es einen Austausch gibt. Das funktioniert nicht immer. Auf einer Messe ist es schwieriger. Du kannst ja nicht ständig mit allen reden, weil da schon die Nächsten kommen. Aber in der Galerie geht das.

Gibt es da Präferenzen, an wen man verkauft?

Natürlich versuchst du, die Arbeiten gut unterzubringen. Nummer eins wäre, die Arbeiten an ein Museum zu geben, damit es öffentlich wirkt und in einem Verhältnis zu allen anderen ­Arbeiten im Museum steht. Das Zweite wäre eine private öffentliche ­Sammlung, das Dritte Samm­le­r*in­nen, die viele Arbeiten haben, und am Schluss ist es einfach jemand, der vielleicht befreundet ist und sagt: Ja gut, klar, warum nicht? Und am allerschönsten finde ich es, wenn jemand reinkommt, der noch nie was gesammelt hat und sagt: Ich brauche das jetzt – kann ich das abstottern? Das ist perfekt.

Ist Berlin als Standort für Kunst und Künst­le­r*in­nen eigentlich noch wichtig?

Als Künst­ler*in­nen­stand­ort ja, als Kunst­stand­ort dadurch auch. Aber es ist nicht unbedingt der internationale Dreh- und Angelpunkt geworden, der es hätte sein können.

Warum nicht?

Die Leute haben sich damals, vor etwa zehn Jahren, viel zu sehr daran gefreut, dass sie jetzt das New York sind, das es vor inzwischen 20 Jahren gab. Und sie haben nicht mitgekriegt, dass es auch dort in New York eine Entwicklung gab, die hier nicht weitergemacht worden ist. Man könnte jetzt aber auch sagen: Bloß gut. Dadurch ist Berlin nicht zum New York geworden und damit zum für Künstler und Künstlerinnen nicht mehr bewohnbaren Teil dieses Planeten.

Wobei, die Tendenz mit höheren Mieten ist schon länger da, und zumindest manche Innenstadtbereiche sind für normalsterbliche Künstler*innen, die weder Eigentum noch alten Mietvertrag haben, realistischerweise nicht mehr bewohnbar.

Im Vergleich zu anderen Metropolen ist Berlin aber noch immer eine leb- und bewohnbare Stadt. Jetzt müsste man einfach sagen: Die verpasste Gelegenheit ist auch eine Chance. Sie sollten darauf gehen, Berlin zur Produktionsstätte für Musiker*innen, Künstler und Künstlerinnen, für Start-ups, für alles Mögliche zu machen. Eine Stadt für die Menschen, die in ihr leben. Denn das große Kapital wird sich hier sicher nicht ansiedeln.

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