piwik no script img

Annalena Baerbock in NordmazedonienRückendeckung für Skopje

Die deutsche Außenministerin beteuert in Skopje Unterstützung für einen baldigen EU-Beitritt. Doch dem Balkanstaat droht eine Zerreißprobe.

Außenministerin Annalena Baerbock und ihr nordmazedonischer Amtskollege Bujar Osmani in Skopje Foto: Kay Nietfeld/dpa

SKOPJE taz | Fährt man durch die Straßen Skopjes, der Hauptstadt Nordmazedoniens, ist der Wille zu wirtschaftlichem Aufbruch deutlich sichtbar. Großinvestoren finanzieren Wohnblöcke, deutsche Firmen zählen zu den größten Handelspartnern in der Region. Mehr als 200 sollen es derzeit sein, sagt Außenminister Bujar Osmani, spricht von Investitionen in Höhe von 5 Milliarden Euro allein 2022. Und von der EU als „einem Schutzschild für alle Herausforderungen“.

„Wir werden euch nicht im Regen stehen lassen“

Annalena Baerbock, Außenministerin

Der Sprung in die Europäische Union, als echtes Mitglied, soll den Ma­ze­do­nie­r:in­nen eine Perspektive geben und dem Land Wohlstand. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist am Donnerstag nach Nordmazedonien gereist, um die deutsche Unterstützung für die Schritte des Landes Richtung EU kundzutun. Ihr Besuch wurde mit Spannung erwartet, die deutsche Sicht hat Gewicht.

Seit rund 30 Jahren bestehen diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Kanzler Scholz war 2022 schon da, Bundespräsident Steinmeier ebenso. Deutschland unterstützt die Aufnahme aller sechs Westbalkan-Länder in die EU. Dazu gehören neben Nordmazedonien auch Albanien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kosovo.

Erst im Juli 2022 begannen die Beitrittsverhandlungen zur EU für Nordmazedonien offiziell, 17 Jahre hat das Land auf diesen Moment gewartet. Erst 2019 konnte eine der größten Hürden abgeräumt werden: Der Streit mit Griechenland um den Namen Mazedonien. Nach 27 Jahren wurde er mit der Umbenennung des Landes in Republik Nordmazedonien gelöst.

Gewichtige Hürde

2020 trat das Land der Nato bei. Nordmazedonien unterstützt auch heute den Kurs der EU in sicherheitspolitischen Fragen – derzeit vor allem mit Blick auf die Ukraine. Sogar Waffen liefert die Regierung in Skopje an das vom russischen Angriffskrieg geschundene Land.

Allerdings gibt es eine weitere gewichtige Hürde. EU-Mitglied Bulgarien blockiert weitere Fortschritte im Prozess Richtung EU-Mitgliedschaft. Die Regierung in Sofia sieht die Rechte der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien – rund 3.500 der 1,8 Millionen Einwohner – nicht geachtet.

In langen diplomatischen Verhandlungen konnte im vergangenen Jahr, unter Einwirkung Frankreichs, ein Kompromiss erwirkt werden. Teil dessen ist, dass die bulgarische Minderheit in die Verfassungspräambel Nordmazedoniens aufgenommen wird. Damit dieser Prozess in Gang kommt, braucht es aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die bisher nicht besteht. Baerbock will auch mit der Opposition im Parlament sprechen, um für einen Kompromiss zu werben.

Sie adressiert auch den Frust im Land, vor allem bei der jüngeren Bevölkerung. „Die größte Gefahr ist, dass die Jugend ihre Zukunft nicht im eigenen Land, sondern woanders sieht“, so die Grünen-Politikerin. Andere, dritte Kräfte könnten diesen Frust nutzen. Für Außenminister Osmani sind dies anti-westliche, pro-russische Mächte.

Platz in der EU

Für Baerbock hat Nordmazedonien einen Platz in der EU. Aber sie ist sich bewusst: Das muss glaubwürdig sein. Auch Nordmazedonien muss liefern, gegen Korruption und organisierte Kriminalität, eingeschränkte Meinungsfreiheit, mangelnde Rechtsstaatlichkeit vorgehen. Am Ende des Besuchs bleibt das Versprechen: „Ihr habt mein Wort. Wir werden euch nicht im Regen stehen lassen.“

Am Freitag wird Baerbock in Georgien erwartet, das massiv unter dem Druck der russischen Regierung steht. Der Südkaukasus-Staat hat bisher keinen offiziellen EU-Kandidatenstatus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen