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Zwischen den RillenBloß kein Military Chic

Die Feelgood-Grooves sabotieren die düsteren Texte und vice versa: „Demon Days“, das neue Album der Gorillaz

Ohne Camouflage-Muster keine Tarnung: Vor vier Jahren rätselte man noch, wer hinter den Gorillaz steckt. Ein Täuschungsmanöver des Blur-Frontmanns Damon Albarn. Passend dazu zierte das Cover des ersten Gorillaz-Albums ein camouflagegrüner Jeep. Die Insassen: vier Cartoon-Zombies, gezeichnet von Tank-Girl-Erfinder Jamie Hewlett, einem ehemaligen Mitbewohner Albarns. Man las dies damals als Metapher auf die Strategie der beiden, die Musikindustrie hinters Licht zu führen. Das Konzept ging auf, zumindest kommerziell: „Gorillaz“ verkaufte sich sechs Millionen Mal.

Vier Jahre später sucht man im Artwork des neuen Gorillaz-Albums „Demon Days“ vergeblich nach Koketterien mit Military Chic. Warum? Weil es, so platt das auch klingen mag, Krieg gab. Albarn und Hewlett waren gegen diesen Krieg, und das hat ihr zweites Gorillaz-Album düsterer werden lassen als das erste.

Zwar hüllt sich „Demon Days“ noch immer in hübsch bunte Comicstrips, doch achtet man auf die Texte, ist der Spaß schnell vorbei. „Are we the last living souls?“, so läutet Albarn das Album ein. Weiter geht’s mit Songs, die das in Zeiten von Krieg zutiefst gespaltene Verhältnis des Musikers zu seiner Rolle als Lieferant von Dance-Grooves offenbaren. Selbst Kinder sind auf „Demon Days“ nicht mehr unschuldig: Sie halten Pistolen in ihren Händen und verschwenden ihr Leben in einem schrillen Showdown.

Dabei versteht es „Demon Days“ musikalisch wirklich trefflich, über das Unheil hinwegzutäuschen: Alleine die fantastische Single „Feel Good Inc.“, die sich bei Outkasts „Hey Ya!“ abschaut, dass ein HipHop-Stück auch mal etwas schneller sein darf, ist ein Fest der guten Laune – und lässt beinahe vergessen, dass es darum geht, wie gute Laune heutzutage fest in der Hand von Pharma-Konzernen liegt. Dementsprechend gepresst klingt das Lachen der Gast-Rapper De La Soul. Und so geht es immer weiter auf diesem Album: Die Gorillaz verpacken ein Konzeptalbum über die Selbstzerstörung des Menschen in Feelgood-Grooves und verlockend süße Popmelodien.

Produziert wurde das Album von Danger Mouse, einem New Yorker, der Mauskostüme trägt und zuletzt dadurch Aufmerksamkeit erregte, dass er das „White Album“ der Beatles mit dem „Black Album“ des Rappers Jay-Z verkuppelte – als „Grey Album“. Das brachte ihm zunächst eine Menge Ärger mit der Beatles-Plattenfirma EMI. Letztendlich aber war es sein Empfehlungsschreiben. Heute verspricht sich EMI von seinen Produktionskünsten bei den Gorillaz steigende Aktienkurse. Die Feinde von gestern können schon heute die Retter sein.

Andersrum genauso: Dennis Hopper erzählt in dem Herzstück von „Demon Days“, „Fire Coming Out Of The Mountain’s Head“, die Geschichte eines Volkes, das glücklich lebt, bis namenlose „strange people“ Unglück in ihr Leben bringen. Die Eindringlinge kleiden sich so, wie sich die Gorillaz vor vier Jahren noch gefielen – sie tragen Camouflage. Müssen die Guten irgendwann immer zu den Bösen überlaufen?

Eine Frage, die „Demon Days“ nicht beantwortet, sonst wäre es nicht mehr der geniale Rorschachtest, der je nach Disposition des Zuhörers Tanzlaune oder Depression zutage fördert. So ist es auch kein Zufall, dass Damon Albarn im vorletzten Stück dieses grandiosen Albums mit Brian Wilson einen der großen Schizophrenen der Popmusik zitiert. JAN KEDVES

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